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daniel65


Premium (World), Friesenheim

Moral wie dazumal

Hildegard Knef in " Die Sünderin "

Als am 18. Januar 1951 „Die Sünderin“ von Willi Forst mit seiner Hauptdarstellerin Hildegard Knef in der Rolle einer Prostituierten im Frankfurter Turmpalast seine Premiere erlebte, dauerte es nicht lange bis gegen den Film Wellen der Empörung hochschlugen. Demonstranten verteilten vor den Filmtheatern Flugblätter zur „Verteidigung eines gesunden deutschen Ehrgefühls“, in den Kinos warfen sogar Geistliche mit Stinkbomben um sich, andere hielten Kinogängern mahnend ihre Protestplakate entgegen:

„DIE SÜNDERIN – Ein Faustschlag ins Gesicht jeder anständigen deutschen Frau!“
„Achtung Giftmord!“
„Hurerei und Selbstmord! Sollen das die Ideale eines Volkes sein?“

Dabei wollte sich der österreichische Regisseur Willi Forst, bisher Spezialist leichter Unterhaltung, mit seinem ersten Nachkriegsfilm endlich auch für das ernsthafte Fach empfehlen:

„Es ist ein moderner Stoff, ein heutiger Stoff, der sich mit den Problemen der heutigen Zeit auseinandersetzt. Und ich glaube sogar, so ziemlich alle Probleme des menschlichen Lebens anrührt. Wo das Publikum Dinge auf der Leinwand sieht, die sie angehen, nicht wahr. Dinge, die sie ansprechen, wo ihr Herz mitgeht, wo sie fühlen, das könnte auch mir passieren. Wo es in einem gewissen Grad, ich möchte fast sagen, geschockt wird.“

Geschockt waren vor allem die Kirchen. Ihre Vertreter liefen Sturm gegen das schwermütige Melodram über eine Prostituierte, die sich in einen unheilbar kranken Maler verliebt, den sie, um ihm weiteres Leiden zu ersparen, am Ende umbringt, bevor sie selbst Gift nimmt.

Der Film verstieß gleich gegen mehrere Tabuthemen: Prostitution, Selbstmord und Euthanasie. Der Kölner Kardinal Josef Frings setzte sich an die Spitze der Protestbewegung und ließ von allen Kanzeln seiner Erzdiözese einen ungewohnt scharfen Mahnbrief verlesen:

„Ich erwarte, dass unsere katholischen Männer und Frauen, erst recht unsere gesunde katholische Jugend, in berechtigter Empörung und in christlicher Einmütigkeit die Lichtspieltheater meiden, die unter Missbrauch des Namens der Kunst eine Aufführung bringen, die auf eine Zersetzung der sittlichen Begriffe unseres christlichen Volkes herauskommt.“

Die heftige Kampagne gegen „Die Sünderin“ verhalf dem Film letztendlich zum Erfolg, obwohl er bei Kritikern und Publikum nach der Premiere durchgefallen war. Man ging hinein, weil man ihn für einen Skandal hielt. Ein Übriges tat eine für heutige Verhältnisse harmlose Nacktszene der Hauptdarstellerin. Voyeure mussten über 70 zähe Film-Minuten überstehen, bevor Hildegard Knefs blanker Busen sich für fünf Sekunden mehr erahnen als wirklich sehen lässt.

Hildegard Knef; „Obwohl das Ganze ein ziemliches Melodrama war, hat man das so ein bisschen verheimlicht und hat das dann also auf diese Nacktszene gedrückt, was also recht albern war. Und die Einzige, die eigentlich wirklich darunter zu leiden hatte, war ich. Und die Produzenten verdienten sich dumm und doof.“

Mit weitreichenden Folgen. Als besonders verkaufsfördernd entwickelten sich dabei zeitweilige Aufführungsverbote in einigen Städten. Weil dagegen der Verleih klagte, befasste sich schließlich das Bundesverwaltungsgericht mit dem Fall und stellte fest, dass das Medium Film ein Erzeugnis der Kunst und daher vor der staatlichen Zensur zu schützen sei.

Aus Protest darüber stellten die beiden Kirchen ihre Mitarbeit in der FSK, der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft, bis auf Weiteres demonstrativ ein. „Die Sünderin“ wurde dann einer der erfolgreichsten Filme des deutschen Nachkriegskinos der 50er-Jahre.

Quelle https://www.deutschlandfunk.de/fuenf-sekunden-lang-die-andeutung-nackter-brust.871.de.html?dram:article_id=127216

Das Bild enstand im Museum Auto & Uhrenwelt in Schramberg.

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APN Canon EOS 70D
Objectif EF-S10-22mm f/3.5-4.5 USM
Ouverture 5.6
Temps de pose 1/320
Focale 20.0 mm
ISO 1600

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