Alfons Gellweiler


Premium (Pro), Aalen (BW)

Odyssee einer Leica

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ISBN: 9783757561925

Ausgabe: Taschenbuch
Umfang: 488 Seiten
Verlag: epubli

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ebook folgt





(1965) Sein Chef hatte ihm den Auftrag erteilt, das bis gestern mit Farben und Lacken dekorierte Fenster zu räumen und eine neue Dekoration mit Kameras, Objektiven, Zubehör und Filmen zu gestalten. Gestern Abend zu Hause hatte er sich eine grobe Skizze angefertigt, heute Morgen das Fenster komplett gereinigt und nun war er dabei, seinen Vorstellungen folgend das Schaufenster mit Konsolen, Kartonagen, Aufstellern, Plakaten und natürlich mit den verschiedensten Photoartikeln neu zu gestalten. Die Arbeit machte ihn glücklich.
Als er sich am Ende das Ergebnis von draußen betrachtete, war er mit seinem Werk beinahe zufrieden. Nur wenig musste er noch verändern. An zwei Stellen versperrten ausgestellte Gegenstände den Blick auf Schriftzüge des großen Plakats von Agfa im Hintergrund. Einzelne Waren überlappten sich unvorteilhaft. Preisschilder verdeckten wichtige Elemente der zugehörigen Waren. Feinarbeit. Und für zwei kleine Extras hatte sich Horst noch was Besonderes ausgedacht. Am rechten Rand der Rückwand fand sich noch Platz für zwei Schwarzweiß-Vergrößerungen. Ein Photo im Format 18x24cm zeigte den Schuhmacher, Herrn Solnheimer, in seiner Werkstatt, ein weiteres Photo im gleichen Format gewährte einen Blick in die Lindengasse; im Vordergrund ragte als Silhouette die Linde ein wenig ins Bild. Sein Opa hatte ihm gegen das Versprechen, dass sein Konterfei nicht ins Schaufenster komme, dabei geholfen, die Bilder sauber auf dünne Holzplatten aufzuziehen und auf den Rückseiten hatte er mit Heftzwecken Kordelschleifen befestigt, an denen er die Photos aufhängen konnte.
Horsts Chef war, als er vor der Mittagspause das Ergebnis begutachtete, nicht gänzlich unzufrieden mit der Dekoration des Schaufensters, fand jedoch, dass sein Lehrling zu viel Platz zwischen den ausgestellten Waren ungenutzt gelassen habe. Sein Bestreben war es stets, möglichst viel in den Schaufenstern zu zeigen. Horst war mit diesem Bedürfnis vertraut und kannte den Beweggrund. Die Kunden sollten sehen, dass seine Drogerie ein breites Sortiment führte. Horst solle beim nächsten Mal unbedingt darauf achten, dass möglichst keine Leerstellen entstünden. In der Berufsschule hatte man ihnen erklärt, dass bei der Gestaltung eines Schaufensters weniger durchaus mehr sein könne. Diese paradoxe Wendung hatte die Schüler irritiert. Als er nun seinen Chef mit dem Ratschlag seines Lehrers konfrontierte, griff der sich an den Kopf mit den Worten: »Diesen Berufsschullehrern fehlt einfach jede praktische Erfahrung. Und solche Traumtänzer lässt man auf junge Menschen los.«
Für das eigenmächtige Aufhängen seiner beiden Photos in direkter Nachbarschaft zur Leica wurde Horst allerdings nahezu überschwänglich gelobt, nachdem der Chef sich der Urheberschaft vergewissert hatte: »Das ist keine schlechte Idee mit den Photos. Da müssen wir aber noch auf einem kleinen Schild den Namen der Photodrogerie und deinen Namen erwähnen. – Ich hoffe du hast dir nicht klammheimlich die Leica ausgeliehen. Solche Bilder macht man doch nicht mit der Instamatic.«


Demnächst im Buchhandel
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Alfons Gellweiler

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