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Preisgekrönter Bunker-Neubau in Saarbrücken mit preisgekrönter Graffiti-Kunst

Preisgekrönter Bunker-Neubau in Saarbrücken mit preisgekrönter Graffiti-Kunst

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Albertina


Free Account, Saarbrücken

Preisgekrönter Bunker-Neubau in Saarbrücken mit preisgekrönter Graffiti-Kunst

Internationale Krisen haben in den letzten Jahren bedenklich zugenommen. Weit blickend hat sich die Stadt Saarbrücken entschlossen, einen neuen Luftschutzbunker zu errichten, um auf diese Gefahren zu reagieren.
Um den Standort vor eventuellen feindlichen Spionen geheim zu halten, wurde das Bunkergebäude als Erweiterungsbau des Museums „Moderne Galerie“ deklariert. Allerdings ist diese Tarnung mittlerweile aufgeflogen, sodass ich mich mit dieser Veröffentlichung nicht des Landesverrates schuldig mache.
Nichtsdestotrotz sollen mit dem Bunkergebäude zwei Zielsetzungen gleichermaßen erfüllt werden: Einmal der Schutz des Volkes vor feindlichen Bomben und terroristischen Sprengsätzen, zum anderem die bitter notwendige Förderung der Volksbildung und Volks-Kultivierung. Durch unterirdische Gänge können die Bunkerinsassen in Phasen der Entwarnung in die Museumsgebäude gelangen, der Kunst begegnen und sich der Bildung widmen.
Insofern war es auch Bestreben des Baudezernates, mit dem Gebäude ein auch vom äußeren Erscheinungsbild her „ästhetisches Event“ zu kreieren, das die Nähe zu den „Tempeln der Kultur“ verdient.
So wurde ein städtebauliches Glanzlicht gesetzt, das seinesgleichen sucht.
Die renommierte deutschen Architekturzeitschrift „Mies und roh“ zeichnete das für das Bunkergebäude verantwortliche Architekturbüro Knaub&Knaup mit ihrem höchstdotierten Preis aus und begründete das wie folgt:


"Genialer Minimalismus ist preiswürdig.
Mit strengen geometrischen Formen und einer minimalistischen funktionalen Ordnung haben die Architekten des neuen Luftschutzbunkers in Saarbrücken einen Meilenstein gesetzt. Hochwertige rationale Gestaltungselemente frei von Kitsch und überflüssigem Schnörkel, Klarheit und Strenge der Ordnungsprinzipien ziehen sich durch die gesamte bauliche Struktur der Anlage. Die kühne Gestaltung dieses genialen Bauwerkes ist perfekter Ausdruck unserer Zeit und generiert eine perfekte Synthese von Form, Funktion und Ästhetik. In seinem ästhetischen Impetus symbolisiert dieser Bau die endgültige Befreiung der Menschheit von dem altmodischen, unnützen, kitschigen Zierrat, den Ewiggestrige als „Schönheit“ bezeichnen. Aus diesem Grunde haben wir uns entschieden, dem Architektenteam Knaub&Knaup unseren alljährlichen Preis für die beste architektonische Leistung in Deutschland zuzuerkennen.


Obwohl auch das „nackte“ Gebäude bereits Lobeshymnen der Architekturkritiker und -Verbände erntete, entschloss sich das Baudezernat der Stadt Saarbrücken, den Bau zusätzlich mit einem eindrucksvollen Graffiti-Kunstwerk zu versehen. Das mag einerseits daran gelegen haben, dass man den ungebildeten, ästhetisch und geschmacklich inkompetenten Volksschichten entgegenkommen wollte, die aus ihrem eingeschränkten Blickwinkel heraus das Gebäude rundweg ablehnten, andererseits könnte es auch daran gelegen haben, dass noch Geld im Etat für „Kunst am Bau“ vorhanden war, das man verbrauchen musste, um für das nächste Jahr Kürzungen zu vermeiden.

Als Vorlage für die Graffiti-Kunst diente das fotorealistische Gemälde „Ovalität“ von Ani Trebla. Die Künstlerin war selbst anwesend und beaufsichtigte die Arbeiten des ausgesuchten Teams von Graffiti-Künstlern.
Nach der Fertigstellung erschien in der Zeitschrift „Kläcks&Sell“ eine euphorische Kritik des renommierten Kunstkritikers Igor Gnofdhell, die sicherlich wesentlich dazu beitrug, dass der Künstlerin der „Weltpreis für progressive Progression“ verliehen wurde.

"Oval - Ovalität - oval wie das Ei, Symbol des Werdens. Im Gefäß des Werdens liegt der Stoff des Vergehens, das Exkrement, der Humus des Zukünftigen. Der durchschnittliche Rezepient antizipiert dieses Gebilde ungeachtet aller postmoderner Permissivität als Provokation.
Doch er verkennt damit die eigentliche Brillianz des Kunstwerkes, die sich erst bei detaillierter Analyse offenbart: Ein Circulus vitiosus, ein Dissens, ein Dilemma wird plastisch präsentiert und gleichzeitig gelöst; ist doch auch die Produktion des Exkrements - wie schon Freud erkannte - ein dem Gebären vergleichbarer Vorgang, evoziert die Nahrungsaufnahme die Defäkation.
Das dem Kunstwerk inhärente Schein-Paradoxon verleiht ihm eine unvergleichliche Heterogenität, die polyvalenten Interpretationen Raum lässt, die Antagonismen aber auch in einer polydimensionalen Fusion verschmilzt.
Ist nicht Heterogenität, gepaart mit polyvalenter Interpretierbarkeit die Essenz reiner Kunst, der Kontrapunkt des Kitsches, jener platten Homogenität, die keine Fragen aufwirft und keine inhärenten Widersprüche aufweist? In kühnem Wagnis bricht die Künstlerin mit normativen Tabus:
Die fäkal kontaminierte Toilettenbrille sitzt schief auf der Porzellanschüssel, ein wirkungsvolles Symbol normativer und sozialer Entropie!" (Igor Gnofdhell)

Bunker und Graffiti vereinen sich zu einem eindrucksvollen Gesamtkunstwerk. Die Anerkennung als Weltkulturerbe wurde bereits beantragt

Commentaire 2

  • Hilde M.H. 04/04/2015 17:21

    Der Kaschde hadd's echt net besser verdient!
  • Histo-LU-MA 03/04/2015 4:42

    Jetzt bin ich aber verwirrt. Gibt es das Ding tatsächlich oder ist das Ganze ein auf Fotomontage basierender Aprilscherz? Aber hereingeklont kann die Graffiti ja auch kaum sein, da vor dem gesamten Gebäude und der Graffiti ein Kabel verläuft. Rätsel!
    Der Text ist scharfe Satire!
    Gruß Histo-LU-MA