Roter Mantel

Roter Mantel

Dezember 2009 Gängeviertel

hp 5
vito b

Eine kleine Weihnachtsgeschichte auch

Roter Mantel

Unter deinem roten Mantel ist das erloschene Jahr. Dein Feuerherz glimmt kaum noch, nur dein Herpes glüht und bespricht mit dir Wunden und Warzen. Weißer geht’s nicht mehr. Eine Haut ohne Punkt. Aber eben auch ohne Anhaltspunkt. Dennoch schlafen wir noch einmal miteinander, als wäre nichts gewesen. Der Gabentisch ist voller Kekse und Butter. Der überreich beschenkte Hund, leckt den letzten Rest aus seinem sortenreinen Napf. Die Tochter kehrt Heim mit blutender Seele und blutendem Mund.

Ich liebe dich Weihnachtsfrau, wie du so alles bist für uns. Wie du fremden Kindern über den Kopf streichelst, als wären es deine eigenen. Wie du mit Händen einen Kamm simulierst und bei feisten Knaben mit Anstandsfrisur und Hitlerbärtchen einen schmucken Strich hinbekommst, so schmuck, dass man diese Knaben auf die apfelroten Wangen küssen möchte. Wie du mit den Mädchen aus der Nachbarschaft und ihren Puppen spielst und anschließend pädagogisch wertvoll diese Plastikdinger in der Mitte durchbrichst und eine Trauerfeier organisierst, welche die Puppenmuttis ganz stolz und erwachsen erscheinen lassen.

Bis nächstes Jahr, liebe Frau.



25. Dezember 2009