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Klacky


Premium (World), aus dem sonnigen WestWing

Samba!

"Samba!" rief Trapper John und stieß mit Schwung die Tür des Saloons in Timmins auf.
Er hatte es in seiner Cabin nicht mehr ausgehalten, seine acht Hunde angespannt und war fünf Tage durch Wälder und über zugefrorene Seen zum nächsten Ort gefahren.
Das war Timmins, Ontario. Nordontario genauer gesagt. Und das sagt alles.

Die Köpfe im Saloon fuhren herum. Frauen und Männer starrten John fassungslos an. So viel Temperament waren sie von ihm nicht gewohnt. Sonst war John immer so mürrisch, aber nun war ihm die Freude ins Gesicht geschrieben. Sie übertrug sich gleich auf die ganze Kneipe.

Er ging zum Tresen, wo ihm Shauna ohne zu fragen ein kühles Moosehead rüberschob. John nahm die Flasche und wog sie in der Hand, als sei sie schieres Gold. Er setzte sie an den Hals und nahm vorsichtig einen Schluck, einen kleinen. Dabei hielt er die Augen geschlossen. Er genoß solche Momente immer. Drei Monate Cabin und je nach Jahreszeit Fallen stellen, jagen, fischen, Gold waschen oder Holz fällen. Als Gesellschaft hatte er nur seine Hunde bei sich, die genügten ihm mit ihrem Gekläff. Da brauchte er dort draußen nicht noch eine Frau. Doch das ging immer nur drei Monate gut, dann mußte er Zivilisation sehen. Und die nächste war eben Timmins, Timmins in Nordontario.
Hatte ich das schon gesagt? Nordontario, das sagt nämlich alles, wirklich alles.

Langsam öffnete John die Augen und schaute in die Runde.
Mike klopfte ihm auf die Schulter. "Hey John, wie ist die Strecke?"
John lächelte zufrieden. "Zwanzig Wölfe, fünf Luchse, fünfundvierzig Marder, drei Wolverines bisher" Die anderen Felle verschwieg er, so wie er auch immer das Gold verschwieg. Er wollte dort draußen seine Ruhe haben.

Die Band fing wieder an zu spielen und langsam füllte sich die Tanzfläche.
Frauen und Männer tanzten, wenige eng umschlungen, die meisten kontaktlos. Nein, nicht ganz kontaktlos, denn fast alle hatten eine Flasche Moosehead in der Hand.

John schaute über die Menge und suchte etwas, jemanden. Dann blieb sein Auge an etwas hängen. An jemandem. Sie schaute nicht zu ihm herüber,
sondern plauderte mit ihrer Freundin. Wollte sie ihn nicht ansehen? Hatte sie noch genug vom letzten Mal?
John ging hinüber, stellte sich neben sie und forderte sie zum Tanz auf. Jetzt blickte sie ihn an und lächelte etwas gequält. Eilleen erinnerte sich. Er auch, aber nicht an das, was ihr durch den Kopf ging. Sie sagte etwas, was er als Zustimmung interpetierte. Die Freundin schaut entsetzt, sagte aber nichts und nahm einen Schluck aus der Pulle.

John zog Eilleen hoch, seine starken Arme spürten keinen Widerstand, ließen ihn nicht zu. Er schwenkte sie auf der Tanzfläche hin und her. Sie jauchzte vor Vergnügen. Zumindest meinte er das, er, der die vier Oktaven von Rebekka Bakken nicht vom Gekläff seiner Hunde unterscheiden konnte.
Aber die anderen sahen es, sahen, wie er mit seinen derben Stiefeln dem Mädel immer wieder auf die Füße trat. Er spürte nichts, sie schon. Eilleen jauchzte, juchzte, schrie und rollte mit tränenerfüllten Augen. Für John war es die reinste Freude, und in ihrem Gesicht sah er sie auch. Kann man es ihm verdenken?

Nach fünf Runden stellte er sie wieder ab und holte sich ein neues Bier.
So ging das mehrmals an diesem Abend. Keiner griff ein. Einerseits fürchtete man Johns Jähzorn, andererseits gönnte man es diesem kleinen und frechen Gör.

Nach fünf Stunden verließ John den Saloon, spannte seine Hunde wieder an und jagte hinaus in der vom Nordlicht beschienene Nacht.
Eilleen jammerte vor sich hin und schwor sich: "Nie mehr, nie mehr! Nie mehr lasse ich mir das gefallen. Forever and for always!" Sie atmete tief durch. Ihre Lunge war frei, frei nach all dem Geschrei. Sie stand auf und fing an zu singen. Erst zaghaft, doch dann lauter, bestimmter. Es wurde ruhig im Saloon. Man hörte ihr zu. Als ihr Lied zu Ende war, sang sie noch eins, eines von Traurigkeit, Einsamkeit und Liebe, viel Liebe. Als Eilleen aufhörte, tobte die Kneipe.
Und da beschloß Eilleen, sich nicht mehr auf die Füße treten zu lassen. Sie wollte vorne stehen, vorne oben, auf dem Podium bei der Band.

Das war der Beginn der kometenhaften Karriere von Shania Twain, bis dahin Eilleen Regina Edwards, in Timmins.
Timmins, Nordontario.
Sie hat es John nie gedankt. So sind sie, die Frauen in Timmins, ON.

Von John hingegen hörte man nie mehr etwas.
Ein Jahr später fand ein Trapper ein paar Tagesreisen nördlich von Timmins - im Norden von Nordontario - eine verlassene Hütte und menschliche Knochen daneben.
Sie sahen aus, als hätte ein Bär daran genagt ...


Forever and For Always:
http://www.youtube.com/watch?v=9kClAZAYK3M&feature=PlayList&p=E63EACD49ED7BB50&playnext=1&playnext_from=PL&index=2

P.S.
Viele Jahre später meldete sich ein Weltenbummler, der geglaubt hatte, Trapper John in Bavaria gesehen zu haben.
Er hatte den Mann sogar angesprochen, dieser hatte aber in sauberem Hochdeutsch erklärt, er sei weder Trapper John, noch sei er je in Timmins / Nordontario gewesen und hieße ganz anders.
Er sagte etwas von "Schwan".
Der Weltenbummler hielt ihm seine Ähnlichkeit mit John vor und die des Outfits. Der Mann wurde dann rot.
Das kann aber auch an der Sonne oder der Bekleidung gelegen haben ...

Trapper John, ist er es, oder ist er es nicht?
Trapper John, ist er es, oder ist er es nicht?
Klacky




Das Bild hatte zuerst den Titel:
"Kamelle, de Prinz kütt - Mensch, watt bin isch lustisch!"
Fasching ist die schönste Zeit des Jahres.
Da kann man so richtig lustig sein, auf Kommando.
Oder etwa nicht?
Aus meiner Serie
"Fine Art Portrait"
Das erste und letzte Bild

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