Gerhard Körsgen


Premium (World), Köln

Skandalbild sondergleichen (bitte Text lesen)

Aufnahme Köln-Zentrum, Hauptbahnhofsvorplatz, 24.8.2016.

Jetzt fragen sich anhand des Titels natürlich alle was daran skandalös sein soll...
Ich fuhr mit dem Rad nach Köln um mir Thalystickets nach Paris zu kaufen. Das klappte auch. Da es noch recht früh am Tag war (um die 15 Uhr) beschloss ich noch nicht gleich nach Hause zu fahren sondern noch ein wenig zu "streeten".
Mir gelangen aber nur wenige Bilder.
Bis ich zu diesem Stillleben kam. Nichts extrem extraordinäres, aber die Kombination war doch ein Foto wert (sah ursprünglich anders aus...).
Ich stellte mich also in aller Ruhe hin und versuchte mit meiner kleinen neuen gebrauchten Lumix ein gelungenes Foto zu machen.
Plötzlich aufgeregte Rufe hinter mir: "Halt ! Stop ! Aufhören ! Was machen sie da ! Das ist MEIN Auto !"
Ich bezog das nicht auf mich und versuchte erstmal mein Foto zu machen bevor ich mich dem Rumor zuwende...doch wurde ich plötzlich am Arm gepackt und konnte somit nicht mehr fokussieren.
Vor mir stand ein offensichtlicher Mitarbeiter der Abfallwirtschaftsbetriebe (awb) der Stadt Köln, gekleidet im klassischen knallorangen Overall der Bediensteten, wohl migrantischer Herkunft (DAS SOLL JETZT NICHT DAS THEMA SEIN, ich möchte es aber auch nicht unerwähnt lassen).
Ich war perplex.
"Du musst mich fragen ! Das ist MEIN Auto !"
"Nein, ich muss sie nicht fragen. Ich kann fotografieren was ich will. Zudem geht es nur zum Teil um dieses Auto" erwiderte ich wahrheitsgemäß.
"Das darfst Du nicht ! Du musst mich fragen ! Das ist MEIN Auto !" insistierte er erneut.
Ich versuchte ihm klarzumachen dass es mir nicht vornehmlich um "sein" Auto ging sondern um die Kombination von Werbeportrait UND awb-Auto (auf dessen Ladefläche sich da noch allerlei Putzgegenstände befanden, das sah besser , unstrukturierter aus als hier zu sehen), das Kennzeichen würde nicht zu sehen sein, kein Mensch wäre mit drauf und überhaupt WARUM er sich so aufregen würde, da wäre doch nichts dabei...
Ich bot ihm an ein Probefoto zu machen, er könne es sich auf dem Display ansehen und wenn es dann noch Einwände gebe würde ich es löschen - darauf ging er nicht ein...
An dem Punkt wollte ich es eigentlich drangeben und mein gedachtes Foto lassen - mir war es nicht wert deshalb mit jemandem der mir zunehmend unberechenbar erschien möglicherweise Streit zu bekommen.
Aber der Herr setzte noch eins drauf.
"Polizei ! Hilfe "! rief er.
Zahlreiche Passanten schauten irritiert.
Er hatte wohl patroulliende Polizisten auf dem Bahnhofsvorplatz gesehen.
"Die hole ich jetzt her, Freundchen und dann sehen wir wer Recht hat", sprach er.
"Hören sie mal, das ist doch Unsinn wegen einer solchen Lappalie die Polizei zu bemühen" insistierte ich.
ER bestand darauf und holte die drei Männer selbst herbei.
Wortgewaltig schilderte er seine Ansicht.
Dass das nicht ginge was ich vorhabe.
Dass ich ihn zu fragen hätte, es wäre sein Auto.
Danach wurde ich befragt.
WAS ich denn nun wirklich fotografieren wollte.
Ich schilderte den Beamten meine visuelle Idee und bat sie meinen Standpunkt im wörtlichen Sinne einzunehmen. Es leuchtete allen ein: Das könnte ein gutes Foto ergeben.
Nur dass eben der Herr etwas dagegen hätte insistierte ich erneut.
Die Polizisten gaben mir vollumfänglich Recht, belehrten den Mann dass ich das dürfe und er mich zu lassen hätte und gingen.
Der Mann war ausser sich.
"In was für einem Land leben wir hier eigentlich ?" rief er bevor er das Auto (welches ja nun obendrein nicht seines sondern das seines Arbeitgebers war) bestieg und davonfuhr.
Ich machte noch schnell mein Foto und blieb perplex zurück.
Irre...

Commentaire 36

  • Bernadette O. 18/09/2016 16:27

    Welche Geschichte!
    Auch ich wurde schon angerempelt - mit einer Kamera in der Hand steht man immer mehr unter Generalverdacht. Kameras an allen Ecken montiert hingegen sind unsere Schutzengel ...
  • Suchbild 28/08/2016 20:23

    Immerhin wurde nicht das Faustrecht bemüht.
  • Uwe Rothuysen 28/08/2016 13:00

    Man hat ja inzwischen schon ein schlechtes Gewissen, wenn man in der Öffentlichkeit seine Kamera aus der Tasche holt. Ich will doch nicht jedesmal in den Wald gehen, um meine Fotos zu machen...
    .. das darf man doch noch (in den Wald gehen und Bäume fotografieren)???
  • Klaus Boizo 27/08/2016 16:17

    was es nicht alles gibt!
    lg
    klaus
  • Alex von Sachse 26/08/2016 20:06

    Ist mir auch schon passiert. In der Rheinaue. Da fotografierte ich, wie eine Frau Vögel fütterte. Die Frau war um die 40-50 und war nur von hinten zu sehen. Als ich weiterging öffnete sich plötzlich in einiger Entfernung eine Autotür uns eine alte Frau (ebenfalls migrantischer Hintergrund) rief mir zu, ob ich ihre Tochter fotografiert hätte. Ich war erst mal perplex und überlegte kurz, ob da ein Kind war, aber ich realisierte schnell, dass sie die 40-50 jahre alte Frau meinte. Sie meinte ich dürfe das nicht und ich soll ihr die Fotos geben. Ich hatte zugegebenermaßen keine Lust auf Diskussion und ging einfach weiter. Im Weggehen rief ich noch, dass ich auf öffentlichen Grund stehe und fotografieren kann was ich möchte und nur bei Veröffentlichung eine Erlaubnis brauche in dem Fall man würde die Person erkennen.
    Ich dachte damals auch noch eine Weile darüber nach.
  • irene de navarro 26/08/2016 19:40

    in meiner rolle als meist geduldig wartende begleiterin eines intensiv fotografierenden kommt es häufig vor, dass ein passant - nie eine passantin - stehenbleibt und das fotografiergehaben mit skeptischer miene beobachtet. baut er sich nach eingehender betrachtung des seiner meinung nach nicht fotografierwürdigen motivs zu einer drohgebärde auf, raune ich ihm zu: das ist ein künstler (somit kann er ja nichts dafür..) - und das gewitter verzieht sich achselzuckend.

    tolle geschichte und wunderbares bild!
  • Minnimouse 26/08/2016 17:05

    Ich bin fassungslos. Wie kann man sich so aufführen?
    LG Trixi
  • Frank Keller 26/08/2016 7:28

    Wahrhaft ein sehr interessantes Erlebnis, aber dein Bild hast du ja doch noch bekommen.

    LG von Frank
  • Cameraqueen 26/08/2016 6:13

    Der ganz normal Wahnsinn! Mangelnde Integration kann man dem Fahrer jedenfalls nicht vorwerfen...
  • Elsemarie 26/08/2016 2:12

    Also wenn auf dem Auto nicht Köln stehen würde, hätte ich vermutet diese Story hast Du in Braunschweig erlebt. Da hatten wir (Analogtreffen-Nord) sogar 2x dieses Problem. Ein Busfahrer war so empört darüber, dass Heinz den Bus fotografiert hat als er zwischen Häuser hervorkam. Es hatte sogar an diesem Tag geregnet und der Fahrer war gar nicht zu sehen, dazu war er auch noch zu weit entfernt, als der Auslöser gedrückt wurde. Der Busfahrer hatte stumpf mit Fahrgästen gehalten und verlangt, dass das Foto gelöscht wird. Es ging eine Weile zwischen Heinz, der sich weigerte das Foto zu löschen, und dem Busfahrer hin und her. Bis er schon das Mikro in der Hand hatte und seine Zentrale rufen wollte, damit sie die Polizei verständigen können. Da ist mir dann der Kragen geplatzt und ich habe ihn daran erinnert, dass er hinten Fahrgäste hat, die vielleicht einen Termin haben oder einen Zug erreichen müssen und er soll jetzt zusehen, dass er weiter fährt. Darauf hin ist einer unserer Fotofreunde, der kurz vorher gezwungen (sehr aggressiv) wurde den Film zu vernichten, nach Hause gefahren. Er hatte verständlicher Weise kein Bock mehr noch länger in dieser Stadt zu bleiben.
    Zu Deiner Story, ein hoch auf die Polizisten und auf Dein Bild.
  • Der Frosch ohne Maske 25/08/2016 23:10

    Ja, irre ist das richtige Wort...
    LG Björn
  • Clau.Dia´s 25/08/2016 21:28

    Unglaubliche Story! - Auch das schnelle Foto ist noch spannend geworden.