Sonnenbaum

Sonnenbaum

Seit fast elf Jahren bin ich nun fast jeden Morgen gegen sieben Uhr mit meinem (mittlerweile alten) Hundemädchen Ella ein Stündchen unterwegs. Vor allem, wenn es dann noch dunkel ist und vielleicht auch noch kalt oder nass (und eine dieser Möglichkeiten oder Kombinationen davon finden oft wochenlang statt), muss ich mich nach Kaffee, Zeitung und Zigarette (im Warmen, Trockenen!) erst langsam in die gehörige Stimmung bringen. Es beginnt damit, dass ich zu Ella spreche. "Jetzt zieh´ich mir die Hose an, damit ich mit dir rausgehn kann," sage ich. Sie wedelt. Das erwarte ich mittlerweile auch von ihr, denn seit einigen Jahren eröffnet dieses feinsinnige Gedicht Morgen für Morgen das Ritual der gemeinsamen Runde. Ella liebt dieses Gedicht, sie ist ein sehr kluger Hund. In den dunklen, kalten, nassen Morgenrunden pfeife ich fröhliche Melodien, um mich für des Tages Überraschungen zu wappnen, oder ich brumme heitere Liedchen ohne Sinn. So etwa: "Dunkel, munkel, nass und kalt, wunkel, runkel, wirds wohl bald, endlich wieder warm und hell, munkel, runkel, knell, prell, zell." Wirklich nur so ähnlich ... ich schreibe die Texte nie auf, und so geraten sie alle in Vergessenheit. Das mag bedauern wer will. Weshalb ich das hier alles aufschreibe? Weil ich heute morgen nicht pfeifen und nicht brummen musste. Wir traten aus der Tür, taten die paar Schritte über den Deich und sahen den Sonnenaufgang hinter dem hochwässrigen Rhein. Da taten mir all die leid, die keinen Sieben-Uhr-Morgens-Hund haben. Wuff!

Und da gibts das noch näher: