Speyerer Freiheitsbrief
Goldfarbene Lettern auf tiefblauem Hintergrund, in der Mitte thront - schematisiert - eine Herrschergestalt: So ist der Speyerer Freiheitsbrief aus dem Jahr 1111 seit heute wieder über dem inneren Eingangsportal des Speyerer Domes zu bewundern. Rechtzeitig vor Eröffnung des "Salierjahres" am 9. April haben das Domkapitel und die Stadt die Bürgerprivilegien, die Kaiser Heinrich V. anlässlich der Beisetzung seines vom Bann gelösten Vaters Heinrich IV. den Einwohnern von Speyer verlieh, an ihrem ursprünglichen Platz anbringen lassen. Gut zehn Meter breit und sechs Meter hoch ist das halbmondförmige Banner, das sich über das Portaltympanon spannt und auf dem der Urkundentext in deutscher Übersetzung zu lesen ist.
Neben der 950-Jahr-Feier der Domweihe ist der Freiheitsbrief von 1111 eines der bedeutsamen Jubiläen, die Speyer in diesem Jahr begeht. Durch die Privilegien wurden die leibeigenen Bürger der Stadt vom "budeil" befreit, dem Recht ihres Grundherrn auf all ihr bewegliches Vermögen im Todesfall. Sie waren damit zur vollen Vererbung ihres Besitzes berechtigt, was weitreichende Auswirkungen auf die wirtschaftliche Situation der Stadt hatte. Als Gegenleistung wurden die Bürger zur Gedächtnisfeier für Kaiser Heinrich IV. verpflichtet: Am Jahrestag seines Todes sollten sie mit Kerzen in der Hand zur Messe in den Dom kommen - eine Tradition, die bis heute fortbesteht. Zudem sollte jedes Haus ein Brot als Almosen an die Armen verteilen.
Die Privilegien schufen die Voraussetzung dafür, dass sich eine persönlich freie Einwohnerschaft mit einem einheitlichen Rechtsstatus und der Garantie für erworbenes Eigentum ausbilden konnte. Sie wurden der Stadt Speyer als erster deutscher Stadt verliehen und stellten den Höhepunkt der Maßnahmen der salischen Kaiser zur Förderung von Stadt und Bürgerschaft dar. Gleichzeitig leiteten sie die Entwicklung zur freien Reichsstadt ein. Nach dem Zeugnis zweier Notare aus dem Jahr 1340, die den Urkundentext Wort für Wort abschrieben, war die Inschrift in goldenen Lettern über dem mittleren Domportal angebracht. Verloren ging sie spätestens mit den Zerstörungen des Jahres 1689 und den nachfolgenden Umbauten des Westteils des Domes.
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