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Henry Maldoror


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Thomas Feldmann

Plakat Entwurf für meinen Film THOMAS FELDMANN.
Der Film “Thomas Feldmann" entstand 1984 kurz vor dessen Tod.
Thomas Feldmann war ein Frankfurter Filmmacher, in der Blüte seines Lebens.
Er war eines der ersten Aids-Opfer in Frankfurt, in Deutschland der fünfte Patient, der
mit dem HIV-Virus infiziert war.

Er studierte Film am Frankfurter Städel. Dort lernte ich ihn auch kennen.
Er hatte dort einen Film gezeigt, der mich an Kenneth Angers Arbeit “Scorpio Rising”
erinnerte.Technisch brillant und künstlerisch mehr als radikal.Jenseits von Konventionen und Sehgewohnheiten.
Nur mit dem Schein einer Taschenlampe beleuchtet, die durch ein Schloss in Schottland wanderte
zeigte er Szenen, die wiederum an Jack Smith`s ” Flaming Creatures” erinnerten: Nackte männliche Körper,
ineinander verschlungen.
Seine homosexuelle Neigung wurde in eindrucksvollen Tableaus dargestellt, die dann in späteren Filmen - mit Absicht - bis an
die Grenzen des audio-visuell Ertragbaren gehen sollten.

Er wurde in kurzer Zeit ein Liebling der Frankfurter Filmszene.Viele seiner Filme blieben unvollendet,
sei es aus Geld- oder Zeitmangel.
Einer seiner vollendeten Filme ist “3 Tage Prinzendorf” in dem er den Aufenthalt und die Teilnahme
bei Hermann Nitsch`s Orgien-Mysterien Theater auf Super 8 dokumentierte.

Kurz vor seinem Tod in 1984 bat er mich - für ein Filmprojekt mit dem englischen Maler und Filmmmacher
Derek Jarman - ein Kurzprojekt seines Leidenswegs, eine Chemotherapie in Bad Rappenau zu dokumentieren.
Diese Chemotherapie war seinerzeit der letzte Rettungsanker, den man einem Aids-Patienten zuwarf.
Er wollte diesen Film in ein Projekt Jarman`s integrieren.Scheinbar handelte es sich um dessen Film “Blue”
Jarman selbst war an Aids erkrankt und erblindete kurze Zeit später.

Thomas Feldmann hatte noch viele Pläne für seine Filme, seine Malerei und andere Projekte.
Und kämpfte mit all der körperlichen Kraft, die ihm verblieb.
Nie habe ich einen Menschen sich so gegen eine Krankheit aufbäumen sehen.
Nie hat er geglaubt, sterben zu müssen, und doch hatte er eine finstere Ahnung.
Als ich ihn in der Klinik in Bad Rappenau besuchte, schenkte ich ihm eine Orchidee, die ich mitgebracht hatte.

Wir drehten gemeinsam 3 Rollen 16 mm Filmmaterial.Ohne zusätzliche Beleuchtung oder dramaturgischen Hilfsmittel.
Ohne Drehgenehmigung in der Klinik.
Als die Chemotherapie zu wirken begann, fing Thomas an zu zittern.
Sein Körper bebte.
Er starrte in die Kamera.

Die Bilder sprechen für sich selbst.
Nach der ersten Rolle sagte ich: “Ich höre auf!”
Er sagte: “Mach weiter!”
Ich legte die zweite Rolle ein.

Inzwischen bebte das ganze Bett und er wollte nur noch durchhalten.
Inszenierte seinen Lebenswillen, so gut er es konnte.
Und gleichzeitig auch sein Sterben.
Nach der Zweiten Rolle zitterte ich beinahe ebenso wie er.
Er sagte: “Ich glaube, das ist zu wenig.
"Du brauchst noch mehr Material zum Schneiden."

Er streichelte die Orchidee, die ich ihm mitgebracht hatte.
Zerbrach ihren Stiel und fing an zu weinen.
Ich legte die dritte Rolle ein:
Nach der dritten Rolle sagte er:"Ich kann nicht mehr!”
Wir brachen die Aufnahmen ab.

Die drei Filmrollen, jeweils 3 Minuten werden in chronologischer Reihenfolge gezeigt:
Es wurde nichts verändert oder hinzugefügt.
Thomas Feldmann verstarb im gleichen Jahr in einer Frankfurter Klinik.
Er wurde in Neuhaus, Bayern beerdigt:
Als der Pfarrer, der die Grabrede halten sollte erfuhr, daß er an Aids gestorben sei,
weigerte er sich, eine Grabrede zu halten.Er erschien nicht.
Sie mußte improvisiert werden.

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