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Angelika Witt-Schomber


Premium (World), Heiligenhaus

überrollen

Die ersten Bilder, die ich von Hector gesehen habe, zeigten ihn auf dem Rücken liegend, den Blick über Kopf in die Kamera. Damit hat er mich sozusagen überrollt ... ich war hin und weg.

Entspannung fand für ihn gern in Rückenlage statt - auf meinem Schoß, dabei den Bauch gekrault zu kriegen, ließen ihn jegliche Körperspannung vergessen, bis der Kopf wie im leblosen Zustand über die Knie nach hinten hing. Unbeteiligte Besucher, die das sahen, machten sich dann langsam Sorgen, vor allem, wenn er dabei die Augen verdrehte, bis nur noch das Weiße darin zu sehen war.

Noch lieber allerdings läutete er draußen das Wälzen durch einen gekonnten Schulterwurf ein.

Sah ich die einleitenden Bewegungen ... Stelle genauestens untersuchen, dann dieses leichte Einknicken eines Vorderbeins und gekonntes Positionieren der Schulterpartie über dem Ort der Begierde - hatte ich verloren. Was dann kam ließ sich genausowenig ohne Handgreiflichkeiten stoppen wie die berühmte Eirückrollbewegung der Graugans, die Konrad Lorenz beschrieb.

Eklige Stellen zu finden war eine von Hectors ausgeprägtesten Begabungen.

Ich erinnere mich an einen sonnigen Sonnagnachmittag ... laues Lüftchen, allle, die sonst keinen Schritt vor sie Tür machten, waren aus ihren Löchern gekrochen und ich hab mich frohen Mutes mit der Bande des Schreckens auf den Weg gemacht. Sobald wir das Golfclubhaus passiert hatten, durften die vier von der Leine, denn sie ließen sich heranrufen und belästigten niemanden, außer, die Leute bückten sich zu ihnen und sprachen sie an.

Wir waren noch nicht weit gekommen, als Hector plötzlich verschwunden war. Ich hab zweimal gerufen und dann abgewartet, er war ja kein Streuner und hatte mich sicherlich gehört. Es dauerte auch nicht lange, da kam er angerannt, freudestrahlend mit diesem Leuchten in den Augen, das man bekommt, wenn man sein teures Lieblingsparfum zum Discountpreis entdeckt hat. Zuerst hab ich gedacht, er hätte sich an einer Stelle gewälzt, an der rosa Blütenblätter gelegen hatten, aber derart zarte Düfte waren überhaupt nicht sein Ding. Als echter Kerl hatte er im Gebüsch ein erlegtes Tier gefunden, das gerade erst so richtig ins Verwesungsstadium übergegangen war und hatte sich zum Anlaß des sonnigen Sonntagsspaziergangs mit dessen Därmen dekoriert. Sie hingen wie rosa Schillerlocken an seinem Fell herunter, mir war nicht danach mir vorzustellen, wem diese Innereien dereinst gute Dienste geleistet hatten. Um uns herum sonntäglich bekleidete Leute und mein kontaktfreudiger Hector gut getränkt und hochdekoriert ...

Ich hab versucht, das alles wenigstens augenschön mit einem Taschentuch zu gestalten, aber Egalwaseswar rieb sich nur tiefer bis auf die Haut.

Er hats genossen, schön, daß ich ihm beim Parfümieren behilflich war.

Der Rest des Spaziergangs war die Hölle - helle Wildlederhosen, wohin das Auge blickte und Leue mit guter Laune, die ihn ansprachen und streicheln wollte, ich hab Schwitzflecken unter den Armen und permanent den Ruf auf den Lippen gehabt: Bitte nicht den Hund anfassen, er hat sich gewälzt!

Zu Hause gings erst mal in die Wanne, und ich kann Euch sagen, in der Enge meines Badezimmers zusammen mit warmem Shampoowasser kann so ein Duft ganz schön atemberaubend sein!


Hector
1997 - 2006


Mai 2005
Panasonic Lumix

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