Unter dieser wunderschönen Kuppel...

Unter dieser wunderschönen Kuppel...

... wird im Namen des Volkes belgisches Recht gesprochen

– Fortsetzung meiner kleinen Herbst-Serie über die belgische Hauptstadt –

Brüssel, Kuppel des Palais de Justice (Justizpalast)

Erbaut wurde der damals größte Monumentalbau Europas auf dem ehemaligen Galgenberg, oberhalb des Marollenviertels, von wo aus er das Brüsseler Stadtbild weithin sichtbar dominiert. Architekt des in jeder Hinsicht imposanten Gebäudes war Joseph Poelaert, der mit dem Bau 1866 begann und 1879, vier Jahre vor Bauende, im Wahnsinn starb. Kein Wunder, bei diesem gewaltigen Bauvorhaben, ist man da schnell versucht, zu sagen! Der Justizpalast (um mehr als ein Drittel größer als der Petersdom in Rom!), enthält 34 (!) Gerichtssäle und 245 (!) große Büros, ferner acht (!) Bibliotheken und 80 (!) Archive. Man sieht bereits an diesen Zahlen, dass es sich um einen Bau der absoluten Superlative handelt, der im damaligen Europa nichts Vergleichbares hatte. Die Baukosten betrugen seinerzeit 50 Millionen alte belgische Francs. Traurige Berühmtheit erlangte der Monumentalbau im Sommer 1996, als 500.000 Menschen (die größte Demonstration, die Belgien bis dahin je gesehen hatte) in einem "weißen Marsch" vor das Gebäude zogen, um gegen die belgische Regierung und die Justiz des Landes zu demonstrieren, die ihrer Ansicht nach völlig versagt hätten. Anlass des Protestmarsches waren die Ermittlungspannen im Zusammenhang mit der "Dutroux-Affäre", einem mehrfach vorbestraftem Sexualstraftäter, der mehrere Kinder entführt und im Keller seines Hauses über Wochen - und von den Behörden und der Polizei unbemerkt - mißbraucht und teils auch ermordet hatte; darunter auch die beiden wohl inzwischen bekanntesten Mädchen, Julie und Melissa, deren Verschwinden das Land über Monate in Atem gehalten hatte. -

Von der Place Poelaert aus hat man einen wundervollen Blick über das sogen. „Marollenviertel“ (Les Marolliens), einem, wenn nicht gar d e m ärmsten Stadtviertel Brüssels, in dem sehr viele Einwanderer aus den ehemaligen belgischen Kolonien wohnen. Ein gläserner, futuristischer Aufzug fährt neuerdings direkt vom Justizpalast runter in das Arme-Leute-Viertel Brüssels, wo viele urige Kneipen und kleine, gemütliche Restaurants zur Einkehr einladen.