Von Zwängen und Weltanschauungen
Ein perspektivischer Blick entlang des Palazzo veranschaulicht die Anordnung der eben im Detail gezeigten schmiedeeisernen Arbeiten. Man sieht dabei auch die bei der Detailaufnahme fehlenden Vorderläufe des Pferdeoberkörpers. Charakteristisch für die Steinfassade des Palasts sind die im Erdgeschoss mit schwerem Eisen vergitterten Fenster. Diese sind im Erdgeschoss mit Travertinblöcken eingerahmt.
Die Verbindung Pferd und Gitter assoziiert für mich den Begriff Einengung, Zwang und das Beschneiden von Freiheit. Auf der einen Seite die Hoffnung und der Glaube daran frei zu sein – siehe das spielerisch wirkende Pferd, auf der anderen Seite das schwere, erdrückend wirkende Gitter, das diese Freiheit einengt. Das Pferd ist dabei ein gutes Synonym für die Wechselwirkung der beiden gefühlten Stimmungen: seit Jahrhunderten wird dieses, entgegen seinem Naturell, geknechtet und in eine Rolle und Klischee hineingepresst, das diesem Naturell entgegensteht. Ich glaube nicht, dass das Pferd als Fluchttier sich generell als Reittier wohlfühlt. Zahllose Beispiele, die für diese These stehen, sprechen dafür: Ob Dressurritt, Pferderennen, dazu gehört auch der Palio, der Ritt des fetten, schnaufenden Touristen auf dem Esel hinauf zur Burg, oder die frühere Verwendung in Schlachten und Kriegen belegen den meiner Meinung nach lebensverachtenden und überheblichen Umgang mit ihnen im Gefühl einer vermeintlichen, genetischen, als Selbstverständlichkeit betrachteten Überlegenheit. Auf der anderen Seite das Gitter als offensichtliches Synonym für Unfreiheit, Knechtung oder auch für das Wegsperren unbeliebter, unbequemer Dinge oder gefährlicher, manchmal nur andersdenkender Personen. Seit Menschengedenken steht es auch für den Schutz des Eigentums. Es gibt nur noch wenige Gegenden, zumindest in der sogenannten zivilisierten Welt, wo die Haus- und Wohnungstüren nicht verschlossen sind. Traurig genug, dass dies aufzeigt, dass einiges in unserem Sozialverhalten verbesserungsbedürftig ist, steht es auch für gewaltige Schieflagen in der zwischenmenschlichen Beziehung. Gitter, ich erweitere dies auf den Begriff „Zäune“, waren und sind gerade in den muslimischen Ländern, dies hat nichts mit der Religion zu tun, sondern hängt mit der Anschauungsweise der dortigen Menschen bezogen auf die Bigamie und der Definition ihres Besitzstatus zu tun, an der Tagesordnung. Allerdings sieht man weltweit spezies- und zeitübergreifend diese Auswüchse: Die Chinesische Mauer, Trumps Traum der mexikanischen Mauer, Archipel Gulag, der Grenzzaun zwischen Bulgarien und der Türkei, Flüchtlingscamps, und, und, und……. Wir sind nicht grenzenlos, aber grenzenlos dumm. Über Keuschheitsgürtel und Harem, die den Status- und Besitzanspruch auf den Menschen, auf die Frauen ausdehnen, ist dieses System „Mein Haus, mein Auto, mein Boot“, die Sparkasse hat es auf den Punkt gebracht, bis heute immer weiter ausgefeilt und verfeinert worden. Dies ging so weit, dass man zur Zeit der Kolonialisierung und der Sklaverei hinzufügen konnte „mein Mensch“. Wobei es in der Moderne immer noch Gegenden gibt, wo die Ware Mensch, vornehmlich die weibliche, mit Säure verunstaltet, oder gar umgebracht wird, wenn sie nicht nach den Vorgaben ihres „Besitzers“ handelt. Wieviel Kamele oder Schafe gibst Du? Sarkastisch betrachtet drängt sich da, die Frauen mögen mir jetzt nicht böse sein, es ist nicht diffamierend, sondern gegenteilig gemeint, unweigerlich der Vergleich auf, was besser ist: Als Pferd oder als Frau geboren zu werden. Und heute, im Zeitalter der Technologie und Globalisierung stehen unsere Gitter in den Aufsichtsräten, Börsen und Aktionärsgemeinschaften – Werte und Wandel.
Das Gebäude mit Innenhof hat gigantische Ausmaße – es umfasst einen ganzen Häuserblock und reicht bis zur nordöstlichen Ecke der Piazza del Campo. Der Palast ist nicht zu verwechseln mit dem Palast Piccolomini-Clementini ein Stück weiter in westliche Richtung in der Via Banchi di Sotto 75, der ebenfalls bis zur Piazza del Campo durchgehend, dort eine markante Fassade zeigt.
Aufgenommen in der Altstadt von Siena in der Contrada Civetta in der Via Banchi di Sotto am Palazzo Piccolomini im Terzo di San Martino.
smokeonthewater 11/02/2023 16:40
Gedrehtes Eisen ... unverbiegbar. Da wollte jemand ganz sicher gehen.Pferde und Frauen sind beide gleichermaßen entrechtet und versklavt worden. Vielleicht mögen Mädchen und Frauen deshalb Pferde besonders.
LG Dieter
Mario Siotto 11/02/2023 13:20
Jolie vueAmitiés
Mario
Irene T. 10/02/2023 23:42
ein interessanter Bildaufbau ....sehr vielsagend ist dein Bild ...
lg.Irene
Hans-Joachim Maquet 10/02/2023 23:26
Foto und Titel eine perfekte Einheit incl. TextLG Hans-Joachim
Heribert Fischer 10/02/2023 17:31
macht einen wehrhaften Eindruck