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Werden und vergehen...

Werden und vergehen...

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† Klaus Ender


Premium (World), Bergen a. Rügen

Werden und vergehen...

Ich googelte neulich und gab auf "Gut Glück" den Begriff "Fotografensterben" ein. Ich wurde
sofort fündig - und lernte die Nöte und Sorgen meiner Berufskollegen kennen. Ihr Fazit aller
Erfahrungen: Der Berufsfotograf stirbt aus. Ihre Argumente sind realistisch - und ich teile die
Ansicht. Aber: es trifft jeden anders, weil die Fotografie ein breit gefächertes Gernre ist, und sich jeder eine Nische suchte, die ihn beruflich überleben ließ.
Auch ich musste in letzter Zeit Rückschläge hinnehmen, die ich in 51 Jahren Profi-Arbeit nicht kannte.
Nach 12 Jahren wurde mir mitgeteilt, dass der Bobhoeffer-Kalender nicht mehr von "einem" Fotografen
erstellt werden kann. Ich hatte das Material für die 3 bis 4 Varianten geliefert und seine Beliebtheit
hatte viele andere Kalender überleben lassen.
Eine dritte Firma, für den ich den Satire-Kalender machte - und 50 Jahre zusammen arbeitete,
musste ihn für ein "anderes Format" aufgeben. Ich habe also in einem viertel Jahr 5 (!) Kalender verloren, die alle ein Teil meines Lebens waren. Alle, die mit der Fotografie leben, werden in irgendeiner Form
Ähnliches erleben, weil die Politik das "Globale" nur als Chance sah - aber nie als Risiko.
Wir Fotografen können noch so fleißig und kreativ sein, und trotzdem wird uns der ZEITGEIST einholen. Die Bücher sind enorm im Rückwärtsgang - das elektronische Buch hat daran seinen Anteil - die Postkarten werden durch's Handy ersetzt, (man simst)der Kalender wird vom Enkel für die Oma selbst gemacht und der Tageskalender kann im Handy aufgerufen werden.
Mein Fazit: Die Fotografie wird gewaltig an Qualität und Individualität verlieren und der Satz von Boyes:
"Jeder Mensch ist ein Künstler" wird zum Untergang beitragen, weil den "Knipsern" jede Selbsteinschätzung fehlt. Er kann sagen: " Ich mach' das schon, ich habe ja eine DIGI!"
(Wer Selfies kann - der kann alles) Das Hochzeitsbild macht ein Kumpel, der eine "Digi" hat, die Fotozeitschriften zahlen keine Honorare mehr, weil ein Überangebot von Fotos herrscht, (und der dann in der Zeitschrift stehende Name sollte Ehre genug sein) und die Qualität der Bilder kann an jedem PC verbessert werden.
Um meine 5 Kalender zu ersetzen, habe ich zusätzlich einen individuellen Kalender erstellt, der nicht durch kostenlose Bilder ersetzt werden kann. In der Hoffnung, dass sich nicht jeder Mensch damit zufrieden gibt, dass auf seiner Klorolle steht: "Zu weich für diese Welt", sondern dass er sich für die unerbittliche Härte des Alltags rüstet - und einen poesievollen Kalender an der Wand hat, über den er sich jeden Tag ein wenig freuen kann. Einen solchen "Begleiter", der Sie durch das kommende Jahr führt, wünsche ich Ihnen und mir.



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