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Zugfahrt ins Verderben...

Zugfahrt ins Verderben...

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Stefan Schwetje


Premium (World), Braunschweig

Zugfahrt ins Verderben...

Von den Deutschen Soldaten im Schnellverfahren abgezählt, sind wir, das Herz schwer wie Blei, 1.200 an der Zahl, in Viehwaggons gestiegen, die im Vorhinein für uns vorbereitet worden waren: 60 pro Waggon, Männer, Frauen und Kinder bunt durcheinander; auf dem Boden ein paar schmutzige Strohsäcke, ein Abortkübel, ein Eimer Wasser... Die Türden der Waggons werden verplombt; wir richten uns in der Dunkelheit ein, so gut wir können, und die Reise ins Ungewisse beginnt.
Der Zug rollt ohne Halt den ganzen Tag, die ganze Nacht, wir haben mit Sicherheit die französische Grenze seit langem passiert, der Abortkübel füllt sich... der Wasservorrat nimmt ab.
Der Zug hält... setzt sich wieder in Bewegung... man weiß nichts, man hört nichts.
Am Ende des zweiten Tages erhalten einige von uns die Erlaubnis, den Waggon unter Bewachung in Richtung eines Flusses, der unterhalb einer kleinen Böschung fließt, zu verlassen, um unseren Wassereimer zu füllen. Ein schmutziges Wasser, das trinkbar ist, sagen uns die SS-Leute.
Wir sind in Deutschland. Nach ein paar Minuten werden wir wieder in die Waggons geladen, und die Reise geht weiter. Wohin ? Niemand informiert uns.
Am dritten Tag kommt ein Wachposten, um uns zu sagen, daß wir ihm eine gewisse Anzahl Zigaretten für die "französischen Gefangenen" abgeben müssen, sonst... würde er uns dursuchen kommen und sie sich selbst nehmen. Beim nächsten Halt ist er gekommen, um sie zu holen, und hat uns heimlich anvertraut, daß man uns nach Auschwitz in Oberschlesien bringt.
Auschwitz, Land des Todes... Das "große Los" ist gezogen, wir müssen uns fügen und durchhalten, durchhalten um jeden Preis.
Kein Wasser mehr, der Abortkübel läuft über, die Leute, die drum herum sitzen, werden dauernd bespritzt. Wir versuchen durch den Spalt zwischen den Türen (am dritten Tag waren die Türen nur noch mit Ketten verschlossen) mit den Wachposten zu verhandeln, daß sie uns wenigstens erlauben, der Abortkübel zu leeren und ein wenig Wasser in einem Bahnhof zu holen. Nichts zu machen, sie hören nicht auf uns. Die Moral sinkt. Unruhig, schmutzig, erschöpft und sterbend vor Durst erwarten die Menschen voller Ungeduld die Ankunft im Lager.
Gegen elf Uhr abends stoppt der Zug. Wir sind angekommen. Die Reise hat drei Tage und zwei Nächte gedauert.
(Quelle: In Auschwitz von Sima Vaisman)

"Kein Reporter der Welt hätte wie Sima Vaisman auf achtzig Seiten, mit hunderttausenden Zeichen schildern können, welche Hölle die Juden auf erden erlitten. Kein Reporter, kein Schriftsteller, kein Historiker - nur ein Zeuge und einer der ersten Stunde..." !
(Serge Klarsfeld im Nachwort)

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