Musée Rodin II
Nathalie begleitete Georg ins Musée Rodin, wo sie gemeinsam versuchten zu begreifen, was die alte Dame gemeint hatte, als sie betonte, sie habe viel von Rodin gelernt. Georg hatte Nathalie von seiner Begegnung erzählt. Natürlich bekam Georg keine eindeutige Antwort auf seine Frage, aber eine Ahnung immerhin nahm er mit.
Rodins Skulpturen ließen nach innen blicken, und was man dort sah, war von der Fülle des Lebens durchdrungen: Man sah Schmerz und Wille, Liebe und Leidenschaft, Lust und Laster. Was sie in den Kunstwerken fanden, waren keine Posen. Alles strahlte Vitalität und Kraft und Klarheit aus. Diese Menschenbildnisse vermittelten Würde. – Georg glaubte zu verstehen. – Allein dieser mit dem ganzen Körper Denkende! Das war genial! – Auch er vermisste ihn in dieser Welt der Zahlen und Tabellen, in der willenlose Spielfiguren Minuten addierten und Profite, Stunden und Gehälter, Jahre und Dividenden. Und kurz vor dem Finale verwiesen sie stolz auf die vielen Summen ungelebten Lebens. Würde Rodin heute überhaupt noch Modelle finden können für seine Plastiken? Das ungefähr waren Georgs Gedanken, als sie das Ausstellungsgebäude verließen und noch ein wenig in der Gartenanlage davor zusammen am Fuße des großformatigen Denkenden verweilten
»Kannst du dir vorstellen, Rodin könnte sich an einem Investment-Banker abarbeiten? Oder an einem dieser überwiegend zahnlosen Politiker? Was würden wir hinter ihrer äußeren Hülle sehen können außer Leere? Das Wesen dieser Zeitgenossen ist doch die Pose. Außer Anzug, Frisur und anderen Symbolen, die den Status nach außen erkennbar dokumentieren, ist doch da häufig nichts. – Das erfordert eine ganz andere Kunst. Der Künstler müsste schiere Masse in einem von Kameras umstellten dreidimensionalen gesellschaftlichen Raum darstellen. – Keine Ahnung, ob so etwas realisierbar wäre.«
(Textauszug, Blende acht, die Sonne lacht)
https://www.fotocommunity.de/photo/titeltb-alfons-gellweiler/47463887
Roland Göhre 17/01/2024 19:05
Großartige Anordnung der Bildelemente. Man sieht viel in diesem Bild...VG Roland
Dragomir Vukovic 17/01/2024 2:01
* great one *Udo Straßmann 12/01/2024 18:26
Vor dem Bronzeguss steht das Gipsmodell...VG Udo
Alfons Gellweiler 12/01/2024 11:20
Vielen Dank allen für das InteresseAlfons
Lucy Trachsel 12/01/2024 9:00
Das ist verwirrend. So viel ist hier zu sehen! Aber wohin ist die Person verschwunden, die vor der Skulptur steht? Geistreich, auch dein Text.Bernadette O. 11/01/2024 15:43
Hier kann man sich fragen, wer eigentlich ausgestellt ist und wer betrachtend? Die Dame sitzt irgendwie unbeteiligt da, aber sie ist von den Statuen so umgeben, dass man die Betrachtersituation gut umkehren könnte. Die Blickrichtungen stimmen nur nicht wirklich. Aber die Figuren sind alle aktiver und spannungsvoller als sie.Spannende Museumsfotografie!
Mario Fox 10/01/2024 12:02
Menschen betrachten Menschen und also sich selbst- dein Bild ist so vielschichtig wie dein TextJ.K.O. 10/01/2024 11:12
Er sieht so aus als müsse er sich für irgendwas entschuldigen ... stellvertretend für die Menschheit ?fragt sich jürgen
Norbert Borowy 10/01/2024 10:55
eine dieser BegegnungenTassos Kitsakis 09/01/2024 17:56
Was wollt‘ihr? Ich bin so, wie ich bin!Ein Genuss, das Photo und dabei die kleine Prosa aus Alfons‘s Buch.
Gruss
Tassos
Lumiguel56 09/01/2024 15:38
Ich fühlte mich beim Lesen des Textes an die Überlegungen erinnert, die sich angesichts der "Menschen des 20. Jahrhunderts" von August Sander anstellen lassen. Wäre es in der heutigen Zeit möglich, ähnlich prägnante Fotos von Menschen in verschiedenen Berufsständen und Lebenssituationen zu machen? Ich weiß, dass es immer mal wieder Versuche in dieser Richtung gegeben hat, ohne dass sich sagen ließe, sie hätten eine ähnliche Wirkung entfaltet, wie die Originale.ShivaK 09/01/2024 13:38
Unterhaltsam, was Du schreibst ...Und fotografisch ist das Bild witzig; insbesondere, was man so durch seine Beine hindurch sieht. Die andere Dame scheint auch grad weniger Interessa an der Skulptur zu haben, und was die Gespiegelten sehen, wissen wir nicht. Museumsfotografie ist doch immer wieder gut anzusehen und scheint auch Spaß zu machen.
Caroluspiel 09/01/2024 12:49
klasse Museumsszene.Ciao Philipp