301 Der Schutzpatron hat doch gewirkt......
Die gleiche Ansicht aus einer näheren Perspektive des unteren Teils des Coburger Erkers. Er befindet sich an der östlichen Ecke des Coburger Rathauses am Marktplatz in der Innenstadt.
Insgesamt befanden sich bis zum 17. Jahrhundert in der Coburger Innenstadt 5 Erker. Den Rathauserker erschuf der Baumeister Hans Schlachter im Jahr 1575. Er hat sich hier verewigt: er kniet auf einem Kragstein mit Löwenmaske, in der rechten Hand den Klöpfel, in der Linken ein Schild mit seinen Steinmetzzeichen und seinen Initialen „H.S.“ haltend. Darüber der Schutzpatron der Stadt, der heilige Mauritius in voller Rüstung mit Fahne und Helm, in seiner linken Hand ein Schild mit dem Meißner Löwen haltend.
Aufgenommen am 24.04.2019.
Glück hatte man in Coburg am Kriegsende. Der Hauptmann Karl Sotte, vom Stab der 7. Armee, die sich auf Schloss Callenberg eingerichtet hatte zum Kampfkommandant befohlen, sollte die Stadt als „Eckpfeiler der Mainfront“ bis zum letzten Mann verteidigen. Am 8. April 1945 erlebte Coburg den schwersten Bombenangriff auf die Stadt. Neben anhaltenden Artilleriebeschuss kam es durch die Detonationen der Bomben zu 18 Bränden in der Stadt. Die nationalsozialistische Führung verlangte am gleichen Abend noch von den ortsansässigen Unternehmern, dass diese ihre Anlagen und Maschinen zerstören sollten, was diese aber ignorierten. Am 10. April rückten die US-Streitkräfte Richtung Coburg ein. Ab 14:00 Uhr nahm man die Stadt unter heftigen Artilleriebeschuss, wobei etliche Häuser in Flammen aufgingen. Auch die Veste wurde dabei in Mitleidenschaft gezogen: der Herzoginbau und der Kongressbau standen in Flammen. Gegen 17:00 hisste man kurzzeitig auf der Veste eine weiße Fahne als Zeichen der Kapitulation. Die ganze Nacht zum 11. April beschossen die Amerikaner die Stadt. Um weiteres Blutvergießen zu vermeiden wollte Sotte wollte noch am 11. April einen Waffenstillstand aushandeln, den die Amerikaner aber am Morgen des 12. April ablehnten. Übergab man die Stadt nicht bis 9:30, würde sie in Schutt und Asche gelegt. Die beiden Unterhändler, die dann wieder auf die Veste zurückkehrten, dort war das Hauptquartier von Hauptmann Sotte, stellten mit Entsetzen fest, dass dieser die Veste geräumt und sich aus dem Staub gemacht hatte. Die beiden
Unterhändler Adolf Müller und Dr. Hans Mauer kehrten daraufhin zu den Amerikanern zurück und erklärten aus eigenem Entschluss die Kapitulation der Stadt und der Veste. Sie wurden daraufhin mit den Bedingungen, von mehreren amerikanischen Soldaten begleitet, in die Stadt zum Rathaus gebracht. In Coburg selbst hatte der amtierende Oberbürgermeister August Greim bereits am 7. April die Leitung der Stadt an Stadtamtmann Alfred Sauerteig übergeben. Er selbst flüchtete am 8. April, um sich, wie er sagte, der Wehrmacht im Endkampf zur Verfügung zu stellen, was bei der Bevölkerung große Empörung auslöste. Auch Greim bekräftigte nochmals die Durchhalteparolen des Militärs. Sauerteig sah jedoch keinen Sinn in der Verteidigung der Stadt und versuchte deswegen mit Sotte auf der Veste Kontakt aufzunehmen. Es ließ sich jedoch aus geschilderten Gründen kein Kontakt zu ihm herstellen, weshalb Sauerteig in eigener Regie, nachdem man die weiße Fahne an der Veste bemerkt hatte, mehrere Polizisten ausschickte, die mit den Amerikanern wegen einer Übergabe verhandeln sollten. Es erreichte jedoch nur der Polizist Ludwig Amend die Linien der Amerikaner, der eine Erklärung Sauerteigs zu einer bedingungslosen Übergabe der Stadt mit sich führte. Auch dort brachen die Amerikaner mit dem Unterhändler nach Coburg auf. So kam es, dass zwei Wehrmachtsparlamentäre und ein Polizist mit den Amerikanern in Verhandlungen standen, ohne dass sie voneinander wussten. Fast zeitgleich trafen die beiden Parlamentarier und der Polizist Amend am Rathaus in der Coburger Innenstadt ein. Die Stadt wurde daraufhin bedingungslos übergeben. Auch die Veste selbst wurde kurze Zeit später, dies im Beisein von Herzog Carl Eduard, den man noch im April 1945 verhaftete, an die Amerikaner übergeben. Der Herzog wurde nach anderthalb Jahren Gefängnis im Entnazifizierungsverfahren, er wurde dabei als „Minderbelasteter“ angesehen, nach Zahlung einer Geldbuße entlassen. Die Förderung der NSDAP bis 1933, die er ja konsequent vertreten und vollzogen hatte, wirkte sich dabei nicht negativ für ihn aus.
Franz Schwede, der ehemalige Erste Bürgermeister Coburgs wurde in einem Strafverfahren vor dem Coburger Landgericht am 7. April 1951 wegen der Ereignisse im März/April 1933 wegen 52-facher Körperverletzung im Amt in Tateinheit mit versuchter Nötigung zu 10 Jahren Gefängnis verurteilt. 1956 wurde seine Reststrafe zur Bewährung ausgesetzt. Er starb 1960 im Alter von 72 Jahren als freier Mann.
smokeonthewater 28/08/2021 19:55
Nun lieferst Du mir alle Infos nach, die mir vor Ort fehlten. Der schöner Erker ist mir natürlich nicht entgangen.LG Dieter
anne47 12/08/2021 22:43
Ende gut, alles gut - könnte man sagen, also hat der St. Mauritius doch geholfen.Typisch für die Nazis ist das Verhalten von diesem Sotte, der anderen befiehlt, bis zum letzten Blutstropfen zu kämpfen, aber selbst haut er bei der ersten Gelegenheit ab. Feigheit vor dem Feind, oder Feigheit vor den Parteigenossen könnte man es nennen...erbärmlich
LG Anne
wasserfallfan 12/08/2021 10:16
Aus dieser Perspektive gefällt es mir am besten.LG Günther
aposab1958 11/08/2021 18:51
wunderbar der Detailblick!!und bestens erläutert
lg Sabine
Heribert Fischer 11/08/2021 18:06
ein gutes DetailAndré Reinders 11/08/2021 17:59
Super!!!LGAndré
Bruno jost 11/08/2021 17:47
sehr prachtvollklasse Präsentiert
lG Bruno