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Martina Bie 1


Free Account, Südwestthüringen

Angelehnt

Es war einmal ein Baum, der war alt und müde. Seine Äste schmerzten ihn immer mehr, und es fiel ihm schwer, tagaus, tagein, jahraus, jahrein aussehen zu müssen, als sei er noch voller Saft und Kraft.
So schaute er immer öfter sehnsüchtig nach dem alten Schloss nebenan. Das stand sonnenbeschienen im Garten und blieb offenbar immer jung . Es strahlte so viel Wärme und Sicherheit aus, dass der Baum daran dachte, eine Hilfeleistung zu erbitten...
"Wirst du es gestatten, dass ich mich hin und wieder ein wenig an deine warme Mauer lehne?" fragte er bescheiden sein Gegenüber. Aber hochmütig lehnte das Schloss ab: "Du wirst die Wände zerkratzen, du wirst das Licht von den Fenstern fernhalten!"
Traurig nickte der Baum und senkte ein wenig seine Krone...

Der Winter ging vorüber, der letzte Schnee war getaut, das Gras grünte und Blumen und Vögel kamen aus ihren Verstecken hervor. Das Schloss schien seine sandfarbenen Wände nach der Sonne zu recken, es öffnete alle Fenster, um die Strahlen einzufangen. Den Baum aber, dem die kalte Jahreszeit übel mitgespielt hatte, beachtete es nicht...
Dessen Sehnsucht nach Anlehnen war nie so groß gewesen wie in dieser Zeit, und eines Tages neigte er sich so weit nach der Seite, dass er die warme Mauer des Palastes berührte. Schon wollte er genießen, was er erreicht zu haben glaubte, da öffnete sich die Mauer für einen Augenblick. Sie verschlang den Baum, so dass nichts mehr von ihm im Park zurückblieb...

Seitdem sieht man ihn als Schatten seiner selbst - aber nur, wenn die Sonne scheint... :-)))))
(C)by mb

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