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Weißwolf


Premium (World), Güstrow

David gegen Goliath

David gegen Goliath – aber wer ist David und wer Goliath?
Die Große Zitterspinne (Pholcus phalangioides), behaupte ich, fehlt in fast keinem Haus – und wenn sie fehlt, stimmt irgendetwas nicht mit dem Lebensraum auch für den Menschen. Sie ist eines der wichtigsten synanthropen Tiere in Mitteleuropa, deren Bedeutung für die Bewohnbarkeit von Lebensräumen für andere Tiere einschließlich des Menschen nicht unterschätzt werden sollte. Vor allem beim Fang von Insekten, die potenziell als Keimüberträger in Frage kommen (Fliegen, Mücken) spielt sie eine wichtige Rolle – ohne Spinnen wie diese wäre die Belastung / Belästigung durch Insekten und die von ihnen übertragenen Keime deutlich höher und das ein oder andere Habitat vielleicht sogar unbewohnbar.
Was die Spinne zu leisten vermag, sieht man in diesem Bild. Die filigrane und scheinbar zerbrechliche Zitterspinne überwältigt eine kräftige und robuste Große Hauswinkelspinne (Eratigena atrica)? Ja, das passiert sogar relativ häufig und, soweit mir bekannt, nie umgekehrt.
Der Makrolebensraum beider Arten ist weitgehend derselbe, beide leben fast ausschließlich in Gebäuden. Im kleineren Maßstab gehen sie allerdings getrennte Wege und begegnen sich kaum; die Präferenzen des Mikorlebensraumes haben nur einen winzigen Überlappungsbereich. Wenn die frei laufende, ohne Netz jagende Winkelspinne zufällig über die in der Zimmerecke montierten Fäden des wirren Netzes der Zitterspinne stolpert, ist die Angelegenheit eigentlich schon entschieden. Die Winkelspinne versucht sich durch hastige Bewegungen von den Fäden zu befreien, verheddert sich dabei immer mehr und wird auch noch von der herbeieilenden Zitterspinne mit weiterem Fadenmaterial „beworfen“. Ist sie dann bewegungsunfähig, beißt die Zitterspinne giftig zu und spinnt die Beute komplett ein. Man traut es ihr nicht zu, aber es ist tatsächlich leichte Beute – wenn David das damals gewusst hätte.
Die Beute reicht für eine lange Zeit, denn die Zitterspinne injiziert ihr extraintestinales Verdauungssekret immer nur an einem Bein, und davon hat die Beutespinne immerhin acht. Ist sie satt, zieht sie sich irgendwo in das kaum sichtbare Netz zurück, kommt nach einigen Stunden wieder zurück und beißt in das nächste Bein. Opfer, die nichts mehr hergeben, werden aus dem Netz geworfen, landen an der Wand oder auf dem Fußboden; solange ein Beutetier noch im Netz hängt, kann man sicher sein, dass es dort noch zu fressen gibt. Übrigens: die noch verwertbaren Beutetiere hängen scheinbar schwerlos in der Luft, weil das Netz der Zitterspinne aus unerkennbar feinen Fäden gesponnen ist.
Das Bild entstand heute Nachmittag (20. Dezember 2021) im Hauptgebäude der Kreisverwaltung am Standort Güstrow. Als ich morgens kam, fiel mir aus dem Augenwinkel der kleine, dunkle Klumpen an der Decke des Treppenhauses auf, ich sah genauer hin und dachte: „Jetzt endlich! Schon viel drüber gelesen, aber noch nie selbst gesehen“. In der Mittagspause Kamera geholt, vom Facility Manager Leiter besorgt, immer mal wieder nach dem Stand der Dinge geschaut. Zum Feierabend – ideale Situation. Leiter geholt, im Treppenhaus aufgebaut. Kollegen auf dem Heimweg gestört (es war alles dabei: Interesse, Ekel, Denken, „der hat sie nicht alle … - geschenkt). Ein Foto – und der Blitz hat die Spinne verschreckt. Aber zum Glück war es dann auch DAS Foto.

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Exif

APN NIKON D300S
Objectif Sigma Macro 105mm F2.8 EX DG OS HSM
Ouverture 20
Temps de pose 1/60
Focale 105.0 mm
ISO 100

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