Ich will doch nur Urlaub machen

Ich will doch nur Urlaub machen

Sie lächelte nett, die alte Dame, als sie mir versicherte, dass es ein wunderschönes Erlebnis werden würde. Wandern und Wohnen in den Bergen. Ich lächelte zurück, war überzeugt und wanderte los.
Der Herbst kann so schön sein, mit seinen kräftigen Farben, den goldenen Sonnenstrahlen und dem Geruch von Moosen, Pilzen und feuchtem Laub. Die Tiere des Waldes finden einen reichlich gedeckten Tisch und bereiten das Lager für den Winter. Über den Hütten steigt feiner Rauch in die Herbstluft, es riecht nach Holzfeuer, warmen Brot und kräftigen Rotwein, der den Tag beschließt.
Und weil man das schwerlich so buchen kann, war es mein Kopfkino auf dem steinigen Weg nach oben, einem sehr langen und steinigen Weg.
Ich verstehe jetzt, was es bedeutet, wenn verzweifelte Fußathleten von einer Fata Morgana sprechen.
Meine Kraft reichte nicht einmal für ein verschmerztes Gesicht, als die alten Wanderschuhe zu Boden fielen und ich die blutverschmierten Socken abstreifte - sie waren neu. Meine leiblichen Sachen waren wie gewaschen ohne schleudern - nass aber nicht so frisch. Das mag am Gezeitenwechsel gelegen haben, Nebel und Regen oder am Deodorant.
Bleiern quoll der Rauch aus der Esse, nachdem er den kleinen Innenraum der Hütte konserviert hatte. Das beißende Gefühl in Augen und Nase ließ nach und ich freute mich auf einen kräftigen Wein, der noch in irgendeinem Regal unten im Tal stand. "Trocken Brot macht Wangen rot", ist ein blöder Spruch. Er stimmt zwar, nur bei mir aus anderem Grund.
Morgens quoll grau der Nebel am Fenster vorbei und bat um Nachsicht - sie betrug nicht mal 5 Meter.
An geknüpfter Leine hing die Kleidung gespenstisch im Raum. Was lange Schnürsenkel so alles tragen können.
Der Ofen hatte längst Außentemperatur, die Streichhölzer feucht (waren es meine Tränen?) und das Brot - nun ja, geräuchert.
Ich freute mich auf die Wanderung - talwärts. Auf Wein, frische Brötchen und warmes Wasser.
Über den Bergen lichtete sich das Grau. Es wird bestimmt ein schöner Urlaub werden und nicht nur Kopfkino.