.... Ich .... Zauberlehrling ....
..... der Meister schwankte. Er hatte einmal mehr zu viel vom roten Wein ge-
trunken. Er bemerkte mich nicht, seinen einzigen Schüler, seit Jahrzehnten.
Nun ja, es war ihm sehr schwer gefallen mich anzunehmen, seinen Zauber-
lehrling. Aber das Alter nagte nun schon seit hunderten von Jahren an ihm
und er spürte, er müsse sein Wissen weitergeben, oder es für immer in Ver-
gessenheit geraten lassen. Darüber hatte er nun etwas mehr als 500 Jahre
nachgedacht. Vom kostbaren Wein war nicht mehr viel übrig geblieben. Im
Suff hatte er immer mehr den Zauberspruch versoffen, der ihm diesen Wein
auch noch in tausend Jahren hätte bescheren können. Nun gingen die Vor-
räte langsam zur Neige und er verlor immer mehr das Interesse an seinem
Dasein. Also hatte er mich fast überstürzt eingestellt. Statt mich nun in die
Geheimnisse der Zauberei einzuweisen, schikanierte er mich von morgens
bis abends. Gut, ich wusste jetzt wie man kocht und ein 3-Gänge-Menü
bereitet und auch, wie man richtig japanischen Tee zu- und aufbereitet, aber
wie man den Besen dazu bringt die Stube zu säubern, verriet er mir immer
noch nicht. „Das hat noch Zeit“ sagte er immer und immer wieder. „Du mußt
die Grundlagen der Zauberei lernen und die heißen Disziplin und Demut“,
sprach er in fast verächtlichem Tone. Da ich von dem Gedanken besessen
war, in die Zauberei eingeführt zu werden, schluckte ich alle Qualen, Belei-
digungen, Schikanen und auch Kränkungen. Irgendwann, dachte ich, wird
es sich auszahlen. Mein alter Chef hatte ja auch alle Schikanen und Beleidi-
gungen ausgehalten, bevor er dann Vorstandsvorsitzender wurde, erinnerte
ich mich. Und dann, dann hatte er sich dafür revangiert, also: gerächt. Auch
meine Zeit wird kommen, tröstete ich mich, . . . . nur wann ...wann ... wann ?!
An diesem Abend nun war der Meister besonders eigenartig. Er hatte mir frei
gegeben, denn er wollte ungestört sein, um sich einer bestimmten Frage in
Ruhe widmen zu können. Ich würde ihn nur stören. Also verließ ich ihn und
tat so, wie wenn ich fort ginge. Ich wußte ja, dass er bald wieder ohne Maß
trinken würde, was ja dann auch geschah. Ich wartete etwa 2 Stunden und
stieg durch ein offenes Kellerfenster ins Haus. Ich schlich durch das Keller-
gewölbe zu der verborgenen Türe, in der ein geheimer Treppenaufgang zu
den verbotenen Räumen des Meisters führte. Dann sah ich ein Licht, dass
in den Treppenschacht fiel, denn es war letztlich ein Schacht, den ich durch-
querte. Ich blickte vorsichtig in einen hell erleuchteten großen Raum. Der
Meister war nicht anwesend. Vielleicht holte er sich eine neue Flasche Wein.
Ich erblickte in der Mitte des Raumes eine alte Zaubertafel und ich glaubte
meinen Augen nicht trauen zu können, denn auf der Tafel hatte der Meister
die Zauberformel für das ewige Leben geschrieben .....
Theo Wasserhess 12/03/2021 12:40
Feine Arbeit, gefällt mir sehr.VG Theo
HJ.B. 03/02/2021 17:55
Wenn Du wirklich zaubern kannst, hätte ich einen sehnlichen Wusch.Könntest Du mal nach Berlin fahren und die ...wegzaubern.
Herzliche Grüße
Hans Jürgen.
Hubertus Mahnkopf 11/10/2020 17:48
Ein wunderbarer Bildaufbau.LG foto-hc
Jadugaar 10/10/2020 19:20
Grundgütiger, in der Tat verlockend, auf den ersten Blick! Ein raffinerter Kerl, der Zaubermeister. Das ewige Leben mit kleinen Fehlern für alle User dieser Formel, die Du entdeckt hast! Festschreibung der Versklavung und dauerHAFTe Subordination unter den Meister, der für sich die fehlerbereinigte Version verwendet. Wenn ich es recht überlege, frage ich mich, welche Drohung größer zu sein scheint: Ewiges Leben oder Wiedergeburt.Dann doch lieber den Kompromiss suchen und die Richtung nach Canterville einschlagen: Erlösung von den eigenen Sünden durch die Fürsprache einer Fee erhoffen dürfen.
Lost places haben ihre eigenen Geheimnisse, zu denen sie uns einladen!
HG Jadugaar
juergi-p 27/09/2020 21:04
Klasse, Neydhart, der Blick durch die Maueröffnung in das Innere. Auch das Licht auf der maroden Wand im Vg finde ich klasse.vg von juergi
-ansichtssache- 26/09/2020 22:43
P.S. Von der Geschichte mal abgesehen, ist dir auch das Bild vortrefflich gelungen.-ansichtssache- 26/09/2020 22:42
Der Meister scheint ein Zyniker oder ein kluger Mann gewesen zu sein. Denn sollte sein Lehrling einer dieser verblendeten Egoisten sein, von denen ja genug in der Welt umherlaufen, würde er vor lauter Begeisterung über die eigene Unsterblichkeit die Formel für sich anwenden. Entweder würde er sich nach einigen Jahrzehnten/Jahrhunderten nicht mehr zurechtfinden auf der Welt, wenn er die Formel denn nur für sich behalten und anwenden konnte, oder es würde das passieren, was peju schon wunderbar beschrieben hat.Aber da du nicht einer dieser verblendeten Egoisten bist, wirst du die Formel schnell vergessen und vernichten. Ich glaube ja sogar, du hast sie längst umgeschrieben, sonst würde hier womöglich der ein oder andere noch auf dumme Gedanken kommen.
Liebe Grüße zur Nacht
Danny
peju 26/09/2020 13:56
Das ewige Leben...Drunter ging es nicht?
Vielleicht so...drei...vierhundert Jahre?
Alle sieht man ins Grab sinken, niemand mehr da, den man kennen würde.
Und wenn man sich vorstellt, die Formel würde allgemein bekannt?
Das müsste sie ja auch, wem wollte man sie verwehren?
ALLE würden immer weiter leben und sich fröhlich vermehren, forever jung.
Die Weltbevölkerung?
In kurzer Zeit würde sie alles sprengen und alle würden doch hungers sterben?
Denn wovon wollten sie leben?
Oder lebte man dann von Luft und Liebe?
Fragen...
Vergiss die Formel und vernichte sie sofort!
Gruß
Peter
Jens Snuggle Beier 26/09/2020 13:05
Moin kleiner Zauberlehrling,schön, dass du die Formel für uns verewigt hast.
Bei Zeiten werde ich mir diese in Erinnerung rufen ;)
Toller Bildaufbau mit deim einfallenden Licht von der Seite und den "Wandverschönerungen". Vom Dunkeln ins Licht zu schauen kann also doch auch etwas gutes sein :)
LG
Snuggle