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Angelika Witt-Schomber


Premium (World), Heiligenhaus

im Kornfeld

Wer kennt sie nicht, die Abendspaziergänge nach einem Tag, der zum Bewegen zu heiß war? Wenn die Sonne alle Farben golden macht und die Kornfelder trocken und nach reifem Korn riechen ... schwer vorstellbar in diesen Tagen.

Hector hat Spazierengehen geliebt und Ausflüge sowieso, wobei er immer sehr eigene Vorstellungen von ihrem Ablauf hatte.

Einmal bin ich mit allen nach Dortmund zur Hundeausstellung gefahren, da ich kein Auto habe, muß das mit Bus und Bahn gehen.
Die Mädels sind dann schon regelrecht hysterisch, weil sie merken, es ist ein besonderer Tag, sie müssen ihr Geschirr anziehen statt nur Halsband. Wenn die beiden das Gefühl haben, es wird brenzlig, ziehen sie sich nämlich aus dem Halsband und laufen los, das will ich nicht riskieren.

Als wir in den Bus einsteigen, ist der schon ziemlich voll, und anstatt daß die Leute mich ein wenig an den Rand lassen, wo auch Platz für den Kinderwagen ist, geht niemand auch nur einen Schritt zur Seite, um uns nach hinten durchgehen zu lassen. Hector will schon wieder jeden begrüßen und sucht in abgestellten Taschen nach Broten, Leroy versucht mit Frauen zu flirten und Hoody kriegt angesichts der Menschenmenge die erste Sinnkrise des Tages. Ich versuche tapfer, mich nach hinten durchzuschlagen, aber wir bleiben vor der hinteren Tür hängen, Hoody im wahrsten Sinn des Wortes, sie geht an der falschen Seite der Haltestange vorbei und merkt, sie kann nicht weiter, was zu einem weiteren Aussetzen der Vernunft führt, sie hat es ja schon immer geahnt, der Bus ist das Böse. Sie beginnt, sich um die Stange zu wickeln und schlüpft dabei aus dem Geschirr. Unterdessen fährt der Bus in die nächste Haltestelle, die Leute glotzen nur, die Tür öffnet sich, ich greife Hoody vom Boden ab, die sich inzwischen komplett aus dem Geschirr gewunden hat, und Hector steigt angeleint aus dem Bus aus, so, für ihn ist der Resieteil des Ausflugs beendet, was gibts denn hier Tolles? Der Rest der Mannschaft ist verwirrt und versucht ebenfalls auszusteigen, die Leute drängen an uns vorbei und ich will heim in mein Bett.

Hector wieder reinholen, das Geschirr vom Pfosten befreien, etwas enger stellen und der indignierten Maus wieder überstülpen, während Hector sich zu einem kreischenden Kleinkind hingezogen fühlt und Aug in Auge versucht zu ergründen, warum es so seltsame Geräusche macht. Himmel hilf, gut, daß es wirksame Deos gibt.

Da hab ich doch diese ruhigen Abendspaziergänge geliebt ...

Juli 2006
Panasonic Lumix

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