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Madagascar Insights (76)

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Madagascar Insights (76)

Saphir-Schürferin und Glücksritterin bei Ilakaka in der Region Ihorombe an der Route Nationale No. 7 im Südwesten Madagaskars.
Foto aus Juli 2014.

Allgemeine Informationen zu Ilakaka, die aus dem Foto selbst nicht hervorgehen:

Ilakaka, der Ort ohne eigenen Namen und nach dem Fluss benannt ist, welcher durch die Siedlung fließt, hat ab 1998 nach der Entdeckung bedeutender alluvialer Saphirvorkommen eine enorme Wandlung zu einer lang gezogenen „Wildwest-Stadt“ an der Route National No. 7 erfahren. Ein großer Saphirrausch setzte ein und die Einwohnerzahl wuchs in rasantem Tempo innerhalb weniger Jahre von weniger als 100 auf geschätzte 100000 bis 200000 (Ort + Umgebung) an – die Zahlen variieren je nach Quelle, aber die Größenordnung ist plausibel. Gleichzeitig ließen sich ausländische Händler aus Europa und Asien (vor allem aus Sri Lanka, Thailand, Pakistan) vor Ort nieder, um die Rohware aufzukaufen. Heute sollen hier ca. 60000 Menschen leben.

Viele Verkaufsbuden, Lehmhütten, Garküchen, Bars und einfache Unterkünfte (Barackensiedlungen) reihen sich beidseits der Hauptstraße. Der Blick ins Hinterland offenbart eine Mondlandschaft von Erdhaufen und Löchern, gegraben von tausenden von Schürfern.

Ilakaka und das Umland beinhalten eines der größten bekannten alluvialen Saphirvorkommen der Erde. D.h., die Saphire sind durch Wasser (Bäche, Flüsse) von ihrem Entstehungsort wegtransportiert und dann in einem Bach-/Flussbett oder Schwemmkegel im Ilakaka-Umland abgelagert worden. Das Bergbaugebiet ist riesig und umfasst 4000 km² oder mehr. Damit gilt Ilakaka als das wichtigste Saphirabbaugebiet von ganz Madagaskar (es gibt weitere Fundstellen z.B. hoch im Norden). Schließlich sind Saphire kostbare Steine, ihr Wert liegt auf Rang 2 hinter den Diamanten. Madagaskar ist damit zu einem führenden Exporteur von Saphiren geworden.

Durch den Transport durch Bäche/Flüsse sind die Saphire häufig gerundet und sehen dann wie kleine bunte, durchaus klare Kieselsteine aus, die meistens ca. zündholzkopfgroß (bis 5-10 mm) sind. Dabei zählen nicht nur die blauen Steine als Saphir, sondern auch andersfarbige (außer rot, denn diese Farbe ist dem Rubin vorbehalten). Saphir und Rubin sind zwei Varietäten des Korunds (Aluminiumoxid Al2O3), welcher durch Spurenbestandteile wie Eisen, Titan, Vanadium und/oder Chrom farbig wird.

Die Förderung der Edelsteine erfolgt mit einfachsten Mitteln, wobei Arbeitsunfälle ein hohes Risiko darstellen. Der Abbau folgt den Kiesablagerungen im Sandstein. Bergwerke sind sowohl Tagebaugruben als auch Schächte mit bis zu 30 m Tiefe, denn das Flussbett des Ilakaka lag früher tiefer als heute. In einer organisierten Mine graben täglich über 200 Arbeiter mit einfachen Schaufeln und reiner Muskelkraft nach den Saphiren und hinterlassen ein riesiges Loch. Wenn eine saphirführende Kiesschicht gefunden wurde, wird der Kies in Säcken oder Körben zum Fluss getragen und dort in Pfannen ausgewaschen, wie auf diesem Foto zu sehen. In der Regel buddeln die Männer die Löcher, Frauen, Männer und Kinder/Jugendliche übernehmen dann den Waschvorgang.

Großgerät wie z.B. Bagger oder Radlader sind eher selten anzutreffen, so zumindest in 2014, als dieses Foto entstanden ist. Die Anschaffungs- und Betriebskosten solcher Maschinen sind offenbar kostenintensiver als die preisgünstigeren menschlichen Arbeitskräfte. Die häufigsten der seltenen Maschinen sind Pumpen, um das Wasser aus den Löchern heraus zu pumpen.

Im Ort selbst sind die geschäftigsten Stunden des Edelsteinhandels morgens von 7 bis 9 Uhr und von 17 Uhr bis Einbruch der Dunkelheit. In diesen Stunden haben unzählige Edelsteingeschäfte geöffnet und die Hauptstraße ist voll mit Händlern, Maklern und Schürfern. Viele Madagassen, wahrscheinlich Zwischenhändler, sitzen am Straßenrand und sortieren auf Plastiktabletts die Saphire. Die ausländischen Aufkäufer der Saphire sitzen in aus Stein gemauerten Häusern, wo die Schürfer bzw. Verkäufer/Zwischenhändler ihre Funde durch vergitterte Luken anreichen können.

Um die Güte beurteilen zu können, werden die Saphire mit Stabtaschenlampen durchleuchtet. Ob andere Prüfmittel, um auch die Echtheit der Saphire zu bestätigen, zum Einsatz kommen, kann ich nicht beurteilen, zumindest habe ich keine gesehen.

Die Folgen des Saphirbergbaus zeigen sich sowohl in massiven Umweltveränderungen als auch in gesellschaftlichen Prozessen. Die Glücksritter*Innen kamen und kommen in der Absicht, reich wieder in ihre Heimatorte zurückzukehren, geraten aber schließlich in das System, in dem madagassische Arbeiter*Innen von Ausländern ausgebeutet werden, die große Geldsummen verdienen und die Rohsaphire ausführen, offenbar nicht immer legal. Die Schürfrechte sind im Besitz großer Bergbaukonzerne. Konflikte zwischen Bergbaugruppen, Bergleuten, Dorfbewohnern und Händlern führen manchmal zu Gewalt.

Wer mehr über Ilakaka erfahren möchte, findet unter den folgenden Links einige weitere kurze Beschreibungen:

https://www.urlaub-auf-madagaskar.com/ilakaka-stadt-der-saphire/
https://www.madamagazine.com/der-rausch-der-saphire/
https://www.madacamp.com/Madagascar_Sapphire_Rush

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