Pont-Saint-Vincent (54), Église Saint-Julien de Brioude, Ostjoch und 5/8-Chor von NW (axial)
PONT-SAINT-VINCENT (Canton de Neuves-Maisons, Arr. de Nancy, Dép. Meurthe-et-Moselle). Église Saint-Julien de Brioude, [5] Rue Pasteur / Rue de l’Église (parcelle AE 111).
Ursprünglich Doppelpatrozinium Saint-Julien de Brioude und Saint-Urbain. Das Neubauprojekt in den letzten Jahren des 15. Jahrhunderts geht auf Jean de Bidos (Jeannot de Biddoz, †1508) zurück. Der Edelknabe war eine bedeutende Persönlichkeit am Hof Renés II. und versah dort u. a. das Ehren-Amt des ersten Bäckers.
Der nach Südosten gerichtete, im wesentlichen spätgotische Bau ist in den Details nicht einheitlich, das Schiff dürfte im Kern älter sein.
Die recht niedrige Saalkirche aus Bruchstein besteht aus drei ungleich langen kreuzrippengewölbten Jochen, einem offensichtlich nachträglich angefügten, ebenfalls mit Kreuzrippen gewölbten 5/8-Chor aus Quadermauerwerk sowie zwei an das Langhaus-Ostjoch angesetzten Seitenkapellen mit Sterngewölben – im Norden die Chapelle de l’Annonciation, seit 1626 Saint-Nicolas, gestiftet vom erwähnten Jean de Bidos und seiner Ehefrau Marguerite de Parspergaire, im Süden die zweigeschoßig angelegte Chapelle Saint-Sepulchre, seit dem 19. Jh. Chapelle de la Vierge, gestiftet von Jean Claude, Burggraf von Pont-Saint-Vincent.
Der Beginn der Umbauten erfolgte ca. 1496 (Stiftung der beiden östlichen Seitenkapellen), die Altarweihe der Chapelle Saint-Sepulchre wurde am 16. Juni 1500 durch den Franziskaner Jean de Sorcy vorgenommen, Titularbischof von Christopolis und Weihbischof von Toul unter dem Pontificat von Bischof Olry de Blâmont.
In der polygonalen Chorapsis und im Schiff schlichte Kreuzrippengewölbe mit kleinen skulptierten Schlusssteinen, die Rippen überwiegend ohne Kapitelle aus Runddiensten herauswachsend – mit Ausnahme des hier gezeigten Langhaus-Ostjochs: Nur hier fußen die Rippen auf sehr kurzen Diensten mit Kapitellen. Dass das östliche, etwa quadratische Schiffsjoch der ursprüngliche Altarraum gewesen sein muss, ist außen anhand des vollständig sichtbaren südöstlichen Strebepfeilers durch seine Übereckstellung gut zu belegen. Das birnstabartig zugespitzte komplexe Rippenprofil und die kurzen Eckdienste mit in der Höhe reduzierten Kapitellen sind schwer zu datieren, die Formen passen aber in die 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts. Der deutlich eingezogene Spitzbogen zu den beiden westlichen Schiffsjochen ist bis auf die breiten Fasen ohne besondere Merkmale.
Die neuen Glasfenster der Chorapsis wurden 1873 eingesetzt (mittl. Fenster: St. Peter und Paul; südl. Fenster: hl. Barbara und hl. Hippolyte; nördliches Fenster: hl. Julian und hl. Augustinus). 1903 (i) Restaurierung der 1824 vermauerten Sakramentsnische (« Repositorium ») durch den Steinmetzen Simon, ermöglicht durch eine Spende der Familie Carny.
Umfangreiche Innenrenovierung 1958, hierbei wurde der mächtige neugotische Hochaltar entfernt und stattdessen das im Garten des ehemaligen Hospitals geborgene Relief eines gekreuzigten Christus als Retabel an der mittlere Polygonseite gesetzt.
Der Gurtbogen zwischen dem östlichen und dem mittleren Langhausjoch – es dürfte sich um den ursprünglichen Chorbogen handeln – wurde teilweise abgearbeitet, um die Blickverbindung von der Herrschaftsloge der Familie Bardin an der Westwand der bis 1626 angebauten südwestlichen Seitenkapelle zu gewährleisten.
Das Kirchenbänke aus dem 18. Jahrhundert sind praktisch vollständig erhalten, 1754 wurden für diese zusammen mit einem neuen Taufbecken 565 Livres und 10 Sous an Monsieur Thiebault in Nancy bezahlt (Germain 1888, S. 344).
Text: Uwe Welz
Literaturauswahl:
LÉON GERMAIN, Excursions épigraphiques Pont-Saint-Vincent, Nancy 1888, in: Mémoires de la Société d'Archéologie Lorraine et du Musée historique lorrain, troisième série, XVIe volume, 1888, S. 236–362, hier S. 245–275, 285–335 u. 360–362 (über Gallica abrufbar);
Les Amis du Patrimoine en Moselle et Madon (Hrsg.), Pont Saint-Vincent – des origines au XVIII ème – Edition 2010, o. O. [Pont-Saint-Vincent], o. J. [2010], S. 54–83.
Aufgenommen an den « Journées du Patrimoine » 2015 (immer am 3. Wochenende im September, also 1 Woche nach dem »Tag des Offenen Denkmals« in Deutschland). Nikon D4s und PC-E-Nikkor 1:3,5/24mm auf Novoflex Quadropod. An Bildbearbeitung war nicht viel zu tun, dank sorgfältiger Ausrichtung vor Ort. Minimale Retuschen, minimale Tonwertkorrekturen, nur etwas stärker im Bereich der Fenster, so dass die tatsächlichen Lichtverhältnisse noch erkennbar bleiben.
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