Schnecken fressende Hornfliege (Sepedo sphegea)
Zweiflügler, zu denen Fliegen und Mücken gehören, stellen unter den Gliederfüßern (einschließlich Krebse, Spinnen und Tausendfüßer) in der heimischen Fauna allein etwa ein Viertel aller Arten; zusammen mit den Hautflüglern ungefähr die Hälfte. Von den allermeisten wissen wir nur, dass es sie gibt und vielleicht noch, wo in etwa sie leben (weil sie „dort“ gefangen wurden). Bei den Schmetterlingen, den Libellen, den Heuschrecken und einigen Käfern ist das anders und unser Wissensstand deutlich besser. Aber diese winzigen Fliegen …
Gar nicht so winzig ist mit 10 mm Körperlänge Sepedon sphegea aus der Familie der Hornfliegen (Sciomyzidae). Innerhalb der Familie hat die 21 Arten umfassende Gattung Sepedon eine kleine Sonderstellung, weil sie als einzige keine Punktaugen, sondern nur Facettenaugen besitzt. Sie leben meistens in Gewässernähe, können sich aber zur Nahrungssuche auf weite Strecken begeben und, wie hier im Bild, tief in Heidegebiete eindringen. Die adulten Fliegen ernähren sich dort vegan von Blütennektar, Tautropfen und pflanzlichen Flüssigkeiten.
Im Englischen gehört Sepedon zu den snail-killing flies – und das hebt sie aus dem Heer der weitgehend unbekannten Fliegen heraus: die Lebensläufe vieler Hornfliegen sind recht gut bekannt, weil sie seit den 1960er Jahren auf ihre Tauglichkeit zur Schneckenbekämpfung untersucht worden sind und werden. In vielen tropischen Ländern sind Schnecken, z.B. der Gattungen Bulinus und Biomphalaria, Zwischenwirte für den Saugwurm Schistosoma (Pärchenegel, Stamm Plattwürmer), Auslöser der Bilharziose / Schistosomiasis, an der geschätzte 300 Mio Menschen leiden und weitere 600 Mio gefährdet sind. Die Larven (Cercarien) einiger mitteleuropäischer und an Vögeln parasitierender Trichobilharzia-Arten können durch die Haut von in Gewässern Badenden eindringen und ein lästiges, z.T. schmerzhaftes Jucken auslösen, das medizinisch als Badedermatitis behandelt wird und harmlos verläuft – der Mensch ist hier Fehlwirt.
Einige Sepedon-Arten sind als Larven lebenslang Räuber, andere beginnen ihr Larvalleben als Parasiten in der Schnecke zwischen Mantel und Kriechfuß, und gehen erst im dritten Stadium zur räuberischen Lebensweise über. S. sphegea, die wahrscheinlich häufigste Art der Gattung, entwickelt sich rein räuberisch über drei Larvenstadien. Ihre Beute gehen sie als nach 10 Tagen geschlüpfte und sehr bewegliche Junglarve ziemlich aggressiv an, fressen an der Schnecke, ohne sie zu töten, und entwickeln sich innerhalb von drei bis vier Wochen zur reifen Larve. Diese erst verursacht die größte Mortalität unter den Schnecken.
Das Foto ist ganz sicher keines der besten, ich möchte aber die Infos nicht vorenthalten, da es nicht allzu viele Fliegen gibt, die derart gut erforscht sind wie die Hornfliegen.
dadoxylon 19/12/2021 9:55
Ein exzellentes Makro mit ausführlicher Beschreibung... das ist lobenswert!Gruß Jens