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Wenn Schlösser sich in Luft auflösen

Wenn Schlösser sich in Luft auflösen

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Franz-Josef Wirtz


Premium (Pro), Düsseldorf

Wenn Schlösser sich in Luft auflösen

'Wenn Schlösser sich in Luft auflösen' kann das durchaus mit rechten Dingen zugehen. Dieser Neubau steht in Erkelenz-Borschemich. Borschemich liegt im Gebiet des Garzweiler II. Der Abriss des Dorfes steht in den nächsten Jahren an. Für einen Teil der Bewohner des alten Dorfes wird es einen Neuanfang geben in Neu-Borschemich, nördlich von Erkelenz. Die ersten Häuser stehen dort bereits und sind schon bewohnt. Das Umsiedlungsverfahren hat 2006 begonnen. Aber dieses Haus steht nicht dort, sondern im alten Ort. Noch nicht ganz fertiggebaut wartet es nun auf den Abrissbagger.

1949 begannen erste Erkundungsbohrungen in diesem Gebiet. Die betroffenen Gemeinden erfuhren es eher zufällig. Mittlerweile stehen die Grenzen des Tagebaus fest, der Zeitplan reicht bis 2045. 2015 soll die Umsiedlung abgeschlossen sein. 2017 wird die Abbaugrenze Borschemich verschlungen und die Autobahn A61 erreicht haben. Dann wird auch diese erst vor wenigen Jahren als Ausweichstrecke gebaute Autobahn wieder zerstört. Also auch ein junges Bauwerk, das weit kürzer als die übliche Lebensdauer Bestand haben wird. Leben und Betrieb auf den nahen Abrisszeitpunkt hin, das ist schwer vorzustellen. Ob es nun Abwasserkanäle, Krankenhäuser, Telefonleitungen oder auch mal wieder zu renovierende Privathäuser sind. Im Braunkohletagebau regiert die Absurdität. Renovieren? Oder doch noch zwei, fünf, zehn Jahre mit Behelfen leben? Viele Kosten werden auf die öffentliche Hand abgewälzt. Erst in allerjüngster Zeit schaffen es die Kommunen, als Ergebnis endloser Verhandlungen auch teilweise Ersatz vom Nutznießer zu bekommen, dem Bergbautreibenden. Aber von der Entschädigung nach der Regel 'neu für alt' wird man weiterhin entfernt bleiben. Einen Zwang gibt es nur für die, die nicht freiwillig ihre Besitztümer hergeben. Sie werden kurzerhand enteignet. So geben die meisten klein bei. Aus Heimat und Geschichte werden schließlich Abluftschwaden der Braunkohlekraftwerke.

http://www.erkelenz.de/de/Braunkohletagebau_Garzweiler_II/Braunkohletagebau_Garzweiler_II_neu.html

Auf dieser Seite der Stadt Erkelenz kann auch über die Ausgabe 10 der Schrift 'Im Dialog' aus dem Jahr 2004 der 'Erkelenz-Vertrag im Wortlaut heruntergeladen werden:

http://www.erkelenz.de/de/Braunkohletagebau_Garzweiler_II/im_dialog_10_internet_dk12.pdf

"Erkelenz-Vertrag ist gut" von Kristina Hellwig in der Rheinischen Post vom 07.09.2007 über den allmählichen Wandel in der Entschädigungspraxis.
http://www.rp-online.de/public/article/erkelenz/477163/Erkelenz-Vertrag-ist-gut.html

Aufnahme vom Juni 2008, Tour mit Edith M. u.a.

Siehe auch:

Leben mit dem Braunkohletagebau: Das Aus für einen modernen Betrieb auf einem alten Gehöft?
Leben mit dem Braunkohletagebau: Das Aus für einen modernen Betrieb auf einem alten Gehöft?
Franz-Josef Wirtz

Leben mit dem Braunkohletagebau: Traumhaus - aus der Traum
Leben mit dem Braunkohletagebau: Traumhaus - aus der Traum
Franz-Josef Wirtz

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Filmtipp:

OTZENRATH 3° KÄLTER

Im Oktober 2008 ist der Film erstmals im Fernsehen zu sehen.

Sendetermine:
19. Oktober, 21:45 Uhr, 3sat
23. Oktober, 23:30 Uhr, WDR
http://www.otzenrath-film.de/

Commentaire 3

  • Franz-Josef Wirtz 08/10/2008 21:40

    Noch 2006 wurde vor Gericht gestritten, ob Garzweiler II nun eröffnet werden darf oder nicht. Es gab also noch Hoffnung.

    Manche haben auch irrige Annahmen zur Entschädigungspraxis und glaub(t)en, sie würden eben alles ersetzt bekommen.

    Als 1949 die Erkundungsbohrungen bekannt wurden wurde tatsächlich kurz danach ein Bauverbot verhängt. Damit aber die Gemeinden nicht völlig den Bach runter gehen wurde das nach einer Weile wieder aufgehoben. Dass in den Orten dann tatsächlich nur eine sehr beschränkte Entwicklung bzw. minimalisierter Erhalt stattfand konnte man ja sehen. Dem schleichenden Ausbluten der Orte schon Jahrzehnte vor der endgültigen Schleifung konnte die Freigabe auch nicht wirklich entgegenwirken. Weil ja schon viele im Vorfeld aufgeben und wegsiedeln sind die Umsiedlungsorte dann ja immer deutlich kleiner als die ursprünglichen Orte.

    Zu empfehlen sind übrigens auch die anderen Filme und Diaschauen, soweit sie über die Wiki-Seite online abgerufen werden können.
  • Theophanu 08/10/2008 21:20

    keine frage, bei der energiepolitik könnte ich das kotzen kriegen.
    was mich allerdings wundert: wußten die bauherren nichts von den plänen von rwe?
    soweit ich weiß, stand doch schon vor 2000 fest, dass dieses gebiet dort früher oder später den baggern platz machen muß...?
    ich für meinen teil -wenn ich geld zum bauen hätte- würde dort niemals meine zelte aufschlagen, wo die diese gefahr lauert.
    gab es irgendwelche versprechen der offiziellen?
    danke für den filmtipp. das werd ich mir ansehen.
    lg uta
  • † Ute Allendoerfer 07/10/2008 22:39

    DAS tut weh, sehr weh, und die Menschen werden häufig heimatlos. LGute