Falle für den Eisvogel (6999)

Falle für den Eisvogel (6999)

30. Januar 2021, Fischaufstiegsanlage am Wehr des Flusses Nebel, Güstrow.
Über Nacht hatte es noch einmal geschneit, der Morgen war wolkenbehangen, aber am Nachmittag fegten Sonne und Wind den Himmel rein. Meine Frau überredete mich zu einer Wanderung durch die Mühlenwiesen, und ich dachte mir, vielleicht kann man auf den sich leicht erwärmenden Baumstämmen bereits erste Spinnen finden. Zum Glück hatte ich – man weiß ja nie – die zusätzliche Last eines 500mm-Objektivs auf mich genommen. Eisvögel hatten wir auf dem Weg einige gesehen, denn die Nebel ist ein stabiles Brut- und Jagdrevier. Schon auf dem Rückweg und mit steif gefrorenen Fingern erblickten wir dann noch einen Vogel auf einem Ansitz, der angestrengt das Wasser beoachtete.
Erst bei der Betrachtung der Bilder auf dem Rechner bemerkten wir, dass in den Zweigen der Erle eine Angelschnur samt Haken hing. Ein Angler hatte beim Wurf nicht aufgepasst, war mit der Sehne ins Geäst geraten und hatte sie abgerissen. Gefährlich nah dran hat der Eisvogel seinen Ansitz – und ich bin mir sicher: die Angelschnur bemerkt er nicht.
In der darauf folgenden Woche haben Mitarbeiter der Naturschutzbehörde des Landkreises Rostock die Angelsehne und den Haken aus der Erle entfernt. Parallel dazu habe ich mich an die beiden größten regionalen Tageszeitungen gewandt, um die Angler, die nicht im Anglerverband organisiert sind, zu erreichen und die erforderliche Rücksicht anzumahnen; die Ostsee-Zeitung zeigte das Bild bereits am Dienstag, die Schweriner Volkszeitung zog am Donnerstag nach und machte eine halbe Seite dafür frei. Auch der Anglerverband, immerhin eine anerkannte Naturschutzvereinigung, ist informiert und wird seine Mitglieder sensibilisieren.
Denn es betrifft ja nicht den einzelnen Eisvogel im Nebel-Revier, sondern alle Vögel, die sich in Gewässernähe aufhalten und in solche Fallen fliegen oder klettern können. Sie sind in sehr vielen Fällen ohnehin schon durch Lebensraumverlust, Eutrophierung und Pestizide bedroht – solcher Angel-Leichtsinn muss nicht auch noch dazu kommen und wäre leicht zu verhindern.
Bild und Information können zwecks Aufklärung und unter Angabe des Bildautoren weitergegeben und verwendet werden.
Wolf-Peter Polzin / www.wolfserde.de