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Himmel, Heute: Der Paradiesbewerber

Himmel, Heute: Der Paradiesbewerber

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Klaus Tesching


Premium (World), hinter den sieben Bergen

Himmel, Heute: Der Paradiesbewerber


Der Mann steht stirnrunzelnd vor der gewaltigen Himmelspforte, die golden in der Abendsonne leuchtet. Mit zögerlichem Lächeln schaut er auf den Engel vor ihm – ein imposantes Wesen mit leuchtend weißen Flügeln und einem Gewand, das mehr nach „himmlischer Bürokratie“ als „Freiheit und Frieden“ aussieht.

„Willkommen an der Himmelspforte!“, verkündet der Engel. „Wobei – momentaner Einlassstopp. Wie kann ich helfen?“

„Äh... naja, ich dachte, das wäre... der Himmel? Ich hab ein Ticket.“

Der Engel zieht eine schwere Liste hervor und beginnt zu blättern, seufzt und schüttelt dann resigniert den Kopf. „Du, es tut mir leid, aber wir haben gerade ein massives Problem. Überfüllung. Arbeitskräftemangel. Seit wir keine Subventionen mehr kriegen, läuft hier nichts mehr rund. Die neue Geschäftsführung? Alles digitalisiert – und weißt du, wie lange diese Cloud-Uploads dauern? Ein Albtraum!“

Der Mann starrt den Engel an. „Ihr schickt mich ernsthaft weg? Ich bin tot!“

„Ja, schön für dich“, kontert der Engel mit einem gezwungenen Lächeln. „Aber wir hier oben? Wir arbeiten am Limit. Ich bin seit 800 Jahren auf der Schicht, ohne eine einzige Pause. Stressiger als in der Hölle.“

„Und was mache ich jetzt?“, fragt der Mann mit verzweifelter Stimme.

„Tja, mein Freund, du hast zwei Optionen: Nummer Eins – du versuchst es in 10 Jahren nochmal. Inzwischen, äh, vielleicht ein bisschen Yoga? Option Zwei – wir haben da so ein Transferprogramm. Reinkarnation. Du kommst als Taube zurück. Hört sich nicht glamourös an, aber hey – gratis Brotkrumen und Aussicht auf Denkmäler.“

Der Mann will etwas erwidern, aber der Engel hebt die Hand. „Tut mir leid, Kollege, der nächste bitte! Keine Zeit. Denk positiv: 10 Jahre sind oben nur ein Wimpernschlag! Und unten… naja, du kennst ja die Mieten.“

Mit einem sachten Flügelschlag schließt der Engel die Himmelspforte, die knarrend zufällt. Der Mann dreht sich um und murmelt: „Ich hätte doch einfach länger leben sollen.“

Hinter der Pforte hört man den Engel noch rufen: „Vergiss nicht, in der Zwischenzeit deinen Lebenslauf zu aktualisieren!“

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