Im tollen Wahn
Im tollen Wahn - nach Heine
Im tollen Wahn hatte ich dich verlassen
Für Gewissheit hielt ich ein Trugbild
Für bewiesen ein Hirngespinst
Und wollte mit flammender Brust
eine nie dagewesene Liebe erfassen
Fast widerwillig nahmen mich auf die Straßen
Aus den Fenstern drang freundliches Licht-
doch war es nicht für mein Ankommen bestimmt
Kein Wassertropfen zum Befeuchten des trocknen Halses
oder um den Staub von der Stirne zu waschen
Von den Türen trugen sie den müden Körper weg
und ich suchte ein Ort für meine Tränen
von fremden Augen verborgen ein Versteck
Und im Schatten ging ich,
um nicht mehr Dunkelheit zu werfen
auf die mich verstoßende Welt
Die Füße lief ich wund und verlernte die Sprache
Eine klaffende Wunde wandelnd in Schmerzen
Es erkaltete das anfängliche Feuer zu Asche
Als hätte es nie ein Gebet für Sklaven gegeben
oder einen Gott für Arme
Und bekam ich nach langem Betteln
eine Handvoll milder Gaben
überkam mich das Gefühl,
dass sie mir damit alles nahmen
Ich verlief mich und irrte
und geriet in immer düstere Gassen
und in Unwürdigkeit vertieft
wurde mir bewusst
was ich hatte zur Unzeit verlassen
Ein Hoffnungsfünkchen entzündete das ganze Sein
und die Winde führten mich Blinden auf den Weg heim
Mit geöffnetem Mantel kamst Du mir entgegen
gabst mir Brot und tränktest mich mit Wein
Im tollen Wahn hatte ich dich verlassen
und fand nie mehr Liebe als in Deinem Augenschein
[Gökce, Elvin Karda: Im tollen Wahn, Mai 2024]
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