inDUstrial
o9.o8.1961
Über Nacht wurden die blühenden Obstbäume zu totem Holz. Giftwolken hatten sich in den frühen Morgenstunden auf die 130 Kleingärten des Duisburger Stadtteils gesenkt; in den darauffolgenden Tagen wurden auch die Gärten der anderen Stadtteile bis hin nach Duisburg-Wedau heimgesucht. Schwefeldioxyd, das noch in einer Verdünnung von einem Teil zu 2,5 Millionen Teilen Luft für die Flora tödlich wirken kann, hüllte Bäume und Sträucher ein. Was der Aschenregen aus den Stahlwerken noch übriggelassen hatte, vernichteten die Industrieabgase: Blätter und Blüten wurden braun und fielen verdorrt zur Erde. Kleingärtner, die von der Nachtschicht auf ihren Grünbesitz kamen, standen fassungslos vor den kahlen Obstspalieren. Dann zählten sie das tote Geäst: Tausend Obstbäume waren wie verbrannt. Den Urheber des Schadens hat man noch nicht namhaft machen können. Nach der Lebenserfahrung im Ruhrgebiet war das auch nicht zu erwarten. 1961 war Duisburg ist die Stadt mit der größten Stahlerzeugung im Ruhrgebiet (Heute Europaweit). Allein dreißig Konverter, riesige birnenförmige Stahlschmelzöfen, schleuderten stündlich 600 Zentner rotbraunen Staub in die Luft. Er mischt sich Tag und Nacht mit der Flugasche und den Abgasen aus unzähligen Schloten.Zwischen Hamm im Osten und Moers im Westen halten Batterien aller Kaliber das Revier unter Dauerfeuer: 56 Thomas-Stahlkonverter, 75 Zechenkraftwerke und 18 andere Kraftwerke, die Kohle verfeuern, 82 Hochöfen mit einem Rattenschwanz von Stahlschmelz- oder Tieföfen, 17 Zementwerke und Ölraffinerien sowie 1976 dampfgetriebene Bundesbahn - und Werkslokomotiven. Der röhrende Industrie-Gigant-Ruhrgebiet bereitet den acht Millionen Menschen jeden Tag ein kleines Pompeji. Von dem ständig abgedunkelten Himmel senken sich auf sie im Jahr 1,5 Millionen Tonnen Staub, Asche und Ruß sowie vier Millionen Tonnen Schwefeldioxyd hernieder. 75 000 Güterwagen wären nötig, um die Exkremente der Industrie abzufahren. Da niemand verhindert, daß sie in den Himmel geblasen werden, türmt sich die Dunstglocke das ganze Jahr über den Feuerschlünden und Wohnhäusern und reduziert die Kraft der Sonne um ein Drittel. Klima und Lebensgewohnheiten der Ruhrbewohner wurden von dem Auswurf der Industrie wie in keinem anderen Landstrich der Erde bestimmt. Denen, die im direkten Windschatten der qualmenden Schlote und Konverter wohnen, wurde deshalb gelegentlich sogar ein Teil der Miete für ihre Werkswohnungen erlassen.
Willy Brandt versprach am 28. April 1961 auf dem SPD-Wahlkongreß, der Himmel über dem Ruhrgebiet muß wieder blau werden!"
(Lebhafter Beifall). Der Dreck gehöre zum Revier wie ein Misthaufen zum Bauernhof.
http://www.60xdeutschland.de/schwarzer-riese-in-duisburg-geht-in-betrieb/
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http://www.andreasbeier.com
SvenNoLimit 16/05/2021 10:55
Fotografie in Verbindung mit der Beschreibung....beeindruckend, fesselnd, traurig....foxlman 14/01/2016 10:42
Tolles Bild und bedrückender Text!Margot Bäsler 20/01/2014 21:59
Auch hier wieder eine hervorragende Kombination von Text und Bild.Ich kenne die geschilderten Verhältnisse - unser Stadtteil war auch bestückt mit Hochöfen, Thomasstahlwerk und allem was noch dazugehört.
---LG Margot---
Jürgen-Kurt Wegner 22/04/2012 7:29
Ein auf den ersten Blick etwas schlichtes Foto. Liest man den Text dazu, überkommt einen ein beklemmendes Gefühl. Wahnsinninnig gut!Peter Plorin 07/02/2012 9:39
Schöner EinblickLg Peter
Jepessen 23/01/2012 18:05
Danke für das Foto und den historischen Text. Von diesem Unfall hatte ich noch nichts gehört. Ich weiß wohl das bei Grillo Schwefeldioxyd in großen Mengen anfällt bzw. erzeugt wird. Die Giftbahn mit den Kesselwagen habe ich heute noch fotografiert.Mamivette 10/01/2012 0:10
JOLIE photo ou tout le monde à son petit lopin de terre pour faire son jardin + merci Andréa et bisouVevette
Karla M.B. 03/01/2012 22:11
Das ist mehr wie heftig...eine Doku und Präsentation vom Feinstem...Gut, das es heute anders ist ... ... ...
LG von Karla...die schon feine Stunden im LaPaDuNo verbringen durfte...
Gudrun1957 19/12/2011 23:10
Klasse diese Schrebergartenidylle vor der Industrie!LG Gudrun
Minou Nowrousian 19/12/2011 16:55
Beeindruckende Kombination aus Foto und Text, die sehr nachdenklich stimmt.VG Minou
ACAKO 17/12/2011 12:19
Cette photo me rappelle la région minière du Nord de la France... j'y ai vécu et j'y étais malgré tout heureuse... l'homme s'adapte à tout !Amitiés, Annie
Bine Boger 01/11/2011 20:50
Interessantes Foto!! Deine Info dazu ist sehr gut!LG Bine
Reimund List 30/10/2011 20:12
Das Bild ist mir noch vertraut, auch der Dreck in der Luft. Mit der Steinkohle war hier 1971 Schluß. Die Gartenkolonien und Lauben gibt es noch immer. Dokumentiert hat es leider niemand.vg R.
Art light photography by p.D. 30/10/2011 12:22
Wow ein sehr schönes Foto !Ist sehr fein gemacht für mich passt hier alles sehr schön zusammen.
glg.pit
Homa 29/10/2011 17:42
Bedrückend, das Bild im Zusammenhang mit deiner Schilderung. Zum Glück hat sich die Situation zum Guten geändert.LG Homa