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Sighard Schraebler


Free Account, Frankfurt am Main

Kugelsternhaufen M13

Wie farbige Diamanten auf Samt sehen die über 30.000 Sterne aus, die heller sind als 21 Magnituden, 25.000 Lichtjahre entfernt in Richtung Sternbild Herkules. Ein Kugelhaufen erhält seine Packungsdichte nach und nach, indem einzelne Sterne durch enge Begegnungen beschleunigt und mit hoher Geschwindigkeit herausgeschleudert werden, wobei der Haufen schrittweise internen Bahndrehimpuls verliert. Da Kugelhaufen zu den ältesten Gebilden in der Galaxie gehören, hatten sie für diesen Prozess viel Zeit, die ältesten Sterne in M13 sind 13 Milliarden Jahre alt und zeigen dadurch eine für den jungen Kosmos typische, geringere Metallizität, also weniger dunkle Linien im sichtbaren Spektrum. Sämtliches Gas ist inzwischen umgesetzt, die Sterne selbst sind alt, deutlich erkennbar am Abknickpunkt im Hertzsprung-Russell-Diagramm http://abyss.uoregon.edu/~js/images/hrevolv.gif
Nun, in Wirklichkeit sind es sogar noch viel mehr Sterne und in Wirklichkeit stehen sie im Mittel nur Lichttage auseinander, aber sie stoßen praktisch nie zusammen. Wohl jedoch beeinflussen sich ihre Oort'schen Wolken, die Welten dieses Haufens müssen in Kometen und Asteroidenschauern gebadet sein, wenn die vor Sternwinden pustende Nachbarschaft die Entstehung von Planeten überhaupt zuließ. Nicht nur, dass es anfangs weniger schwere Elemente gab, die Sache mit der Metallizität, auch wenn ganze Sterne aus dem Haufen herausgekegelt werden, wie sollen Planeten da stabile Bahnen finden? Die Bedingungen eines Kugelhaufens sind auf jeden Fall atemberaubend, viele Sterne am Nachthimmel erscheinen von dort aus gesehen heller als unser Mond, die Bedingungen sind sehr wahrscheinlich überaus lebensfeindlich, wird also nichts mit den Arkoniden. Als zur Ausbaufeier des 305m Arecibo Radioteleskops im November 1974 eine Nachricht von der Erde gen M13 geschickt wurde, geriet diese aus mehreren Gründen wahrscheinlich nur zu einem Intelligenztest und Partygag für Drakes Kollegen. Genau wie im Sonnensystem, so gibt es wohl auch in der Galaxie eine habitable Zone und Kugelhaufen gehören eher nicht dazu.

Wer Kugelhaufen visuell beobachtet, wird sich an ein Feature erinnern, dass sich dunkler Propeller nennt, drei dunkle Linien, die sich hier links der Haufenmitte treffen. Fred Espenak von der NASA hat zum ersten Mal dieses Merkmal beschrieben. Das ist nur eine zufällige Konstellation und auch nicht von Dauer im kosmischen Maßstab, aber daran kann man M13 aus einer Sammlung von Sternhaufen sofort identifizieren. Die schwach erkennbare 14mag Galaxie rechts oben heißt übrigens IC4617.

Aufnahme mit 12.5'' Planewave CDK bei 2531mm Brennweite, freilaufende Nachführung durch eine Paramount ME-Montierung (sie singt mit ihren Servomotoren wie eine Diva), Astro-modifizierte EOS 5Da Spiegelreflexkamera, 89x1m ISO 1600 autodark, keine Flats, aufgenommen im Physikalischen Verein, kleiner Feldberg im Taunus am 1.8.2013, parallel zur Mel15 Aufnahme in der anderen Kuppel, deshalb auch kein Guiding, der Autoguider war schon anderweitig verbaut. Nachverarbeitung in Pixinsight: Image Registration, Image Integration, DBE, Regularized Richardson-Lucy Deconvolution, COLCAL, MSHT, Endabgleich und Ausschnitt in iPhoto. Habe die Rohdaten ebenfalls in DSS nachbearbeitet. Pixinsight brauchte länger, aber das Ergebnis ist deutlich besser, all die kleinen Sterne fehlen in der Version mit Deep Sky Stacker, wurden dort wahrscheinlich als Bildfehler aussortiert. Das Masked Stretch Skript zur schrittweisen Histogramm-Transformation (MSHT) in Pixinsight ist der Hammer, es bringt all die feinen Hintergrund-Details hervor, ohne die hellen Sterne zu sättigen. Das ist noch deutlich besser als log ddp, mein früherer Favorit in der Nachverarbeitung.

volle Auflösung:
http://astro.square7.ch/!hires/M13_20130801_Planewave_CDK12.5_2531mm_EOS_5Da_89x1m_ISO1600_autodark_Pixinsight_IR_II_DBE_RRLDECON_COLCAL_MSHT_crop_iPhoto.jpg
Zur Nachricht siehe auch:
http://astro.square7.ch/radio2012/ und https://soundcloud.com/radioastronomie/20120210-schraebler
Sehenswertes zum HRD, insbesondere der erste Link:
http://abyss.uoregon.edu/~js/ast122/lectures/lec15.html http://www.afw2000.de/Elemente/2008_AT_02.pdf http://cosmos.ucdavis.edu/archives/2010/cluster9/Raju_Sankalp.pdf http://de.wikipedia.org/wiki/Messier_13
Simulation von Kugelsternhaufen:
http://arxiv.org/pdf/1010.2210v1.pdf
Die Idee, dass Kugelsternhaufen mehrere Generationen von Sternen hervorbringen können, scheint sich gerade durchzusetzen:
ESO's Dr. J.: http://www.youtube.com/watch?v=ZVKt0Wjgzxo Lesch: http://www.youtube.com/watch?v=Cx0_wSbSwAY Hubble: http://www.youtube.com/watch?v=rHqKaL74GwY LaPalma IAC/ING: http://www.youtube.com/watch?v=HISG5N04P2A

Commentaire 7

  • Silkanni Forrer 18/10/2015 7:35

    Sehr schönes Ergebnis vom Herkules-Kugelsternhaufen Messier 13. Eine Feine Aufnahme.
    LG, Silkanni
  • Silkanni Forrer 17/02/2015 8:58

    WOW, eine sehr beeindruckende Aufnahme. PRIMA!
    LG, Silkanni
  • Martin-X 25/08/2013 23:42

    In 25000 Jahren ist Arecibo wohl veraltet...(hat ja schon bei Golden Eye gelitten *g*)

    Aber die Aufnahme ist toll !

    VG Martin
  • Cudografie 25/08/2013 0:39

    Ganz grosses Kino! Genial!
    VG Cudos
  • Wolfgang WYY 24/08/2013 17:27

    Hallo Sighard,
    das Phänomen der verirrten Sterne konntest du sehr anschaulich beschreiben. Ich bin ja kein Physiker, aber das ist super informativ. Feine Aufnahme dazu!!!
    Durch deine Beiträge kann man immer etwas mitnehmen!
    Gruß, Wolfgang
  • Sighard Schraebler 24/08/2013 12:46

    Hallo Rudi,
    die Eigenbewegung hat man nicht berücksichtigt, also dass der Haufen in 25000 Jahren weiterläuft, während sich die Botschaft geradlinig ausbreitet. In der Hauptkeule des Radioteleskops steht M13 dann nicht mehr drin, wenn die Botschaft dort eintrifft, wird also sehr schwer zu empfangen sein und sie wurde auch nicht lange genug ausgesendet! Aber ich verstehe vollkommen, was Du meinst: Man bekommt Respekt vor den Dimensionen des Kosmos, wenn schon Radiowellen so lange dorthin benötigen. Der Spaß lag eigentlich eher darin, dass selbst Kollegen vom Fach ihre liebe Not damit hatten, die Botschaft zu entschlüsseln. Man musste so etwas wie einen universellen Stein von Rosetta finden: Das Periodensystem der Elemente, denn das ist überall gleich, da dehnen die Physiker stolz die Hosenträger, würde Harry sagen.
    LG Sighard
  • Rudolf Dobesberger 24/08/2013 12:41

    Hallo Sighard!
    Sehr schönes Ergebnis vom Herkuleskugelsternhaufen.
    Ja und auf eine Antwort müssen wir ja noch 50 000 Jährchen warten obwohl das Signal schon fast ein halbes Jahrhundert unterwegs ist. Da gefallen mir so Schlagzeilen wie "Die Eroberung des Weltraums"????

    LG Rudi