Feiner Tastsinn: Schlupfwespe hat potenziellen Wirt gefunden
Bei der Beobachtung von Schlupfwespen hatte ich mich gelegentlich gefragt, wie es den Weibchen einiger Arten möglich sein kann, ihren Legebohrer in das Substrat zu bringen, wenn der doch offenbar länger ist als der Hinterleib und die Beine zusammen. Bei meinem jüngsten Besuch auf dem Kleinen Zicker im Biosphärenreservat Südost-Rügen (Mönchgut) gab mir Stenarella domator die Antwort. Und die Erkenntnis dazu, der Legebohrer könne sogar noch deutlich länger sein.
Die Schlupfwespe läuft über die fast senkrechten Lehmwände der Steilküste und betrillert unablässig mit ihren Fühlern das Substrat. Plötzlich hält sie inne, intensiviert das Betasten und kreist um eine kleine Stelle. Offenbar hat sie chemische Signale wahrgenommen, die aus einer nicht unbeträchtlichen Tiefe des festen Lehms kommen. Genau an dem Ort, an dem die Fühlerspitzen den Boden berühren, versucht sie ihren Bohrer zu platzieren, der in einer langen Scheide verborgen ist. Der Bohrer ist extrem geschmeidig und biegsam, an seiner Spitze befindet sich eine arttypische Bezahnung, mit der die Schlupfwespe das Erdreich aufsägen kann.
Man hat schon Mühe, mit einem Taschenmesser ein Loch in den von kleinen Steinen durchsetzten Lehm zu kratzen, der noch in der letzten Eiszeit verdichtet worden ist. Ich würde nicht glauben, dass der Wespe ihr Vorhaben mit diesem filigranen Bohrer gelingen könnte, wenn ich es nicht selbst gesehen hätte. Und das sie den Bohrer auch tatsächlich genau an den Punkt treibt, wo sich ihre Opfer befinden, ist noch einmal ein Wunder mehr. Irgendwo dort in der Tiefe liegen in einem Gang die Eier und Larven des Wirtes, etwa einer Lehmwespe (Symmorphus sp.), einer solitären Faltenwespe (Ancistrocerus sp.) oder einer Grabwespen. Aus den im Innern der Wirtsgänge abgelegten Eiern schlüpfen die Schlupwespenlarven, die in die Wirtslarven eindringen und sie ausfressen.
Verbreitet ist A. domator in weiten Teilen Europas, Nordafrikas und Westasien bis zum Kaspischen Meer und in den Iran. 2020 wurden erste Nachweise aus Nordamerika gemeldet.
Bernhard-M 17/09/2023 7:09
Ja, wenn man mal in die Insektenwelt eingetaucht ist kommt man oft aus dem staunen nicht mehr heraus.Schlimm, dass der Mensch glaubt er käme ohne sie aus und müßte sie im großem Stil vergiften.
In bester Qualität zeigst Du hier die Riesenschlupfwespe.
Hut ab
Gruß Bernhard