Der E 802 in Weida nur 25 Tage vorher und der kleine Unterschied
Beim letzten Freitagsbild von mir erwähnte ich das Katastrophenjahr 1981.
Wo die Überraschungen für die Personale an der Tagesordnung fast zur Normalität gehörten.
Deswegen möchte ich Euch heute abermals ein Bild dazu vorstellen um den Ernst der Lage in Wort und Bild zu verdeutlichen.
Beide Aufnahmen sind am gleichen Ort mit dem selben Zug festgehalten liegen nur lächerliche 25 Tage auseinander.
Selbst die Loks sind identisch. Oberflächlich schon aber genaugenommen nicht so ganz denn am 30.01.1981 war es noch eine Kohle 01.5 vor dem Zug.
Was genaugenommen auch hier wiederum einen abgetauchten U- Boot zu verdanken war.
Sollte man in dem Fall nun mehr von Glück oder Pech sprechen ?
Für die Fotografen sicherlich ein Glückszustand.
Wir hatten in Saalfeld drei Möglichkeiten die Räder zum rollen zu bringen.
Ohne Quatsch an der alten Fassade vom Bw zur Straße hin stand wenn man das Backsteinmauerwerk genau betrachtete noch lesbar,
“Räder müssen rollen für den Sieg”.
Aber offen blieb dabei für welchen Sieg ?
Diesel, Heizöl, Kohle die bewirkte das die Räder nicht stillstehen.
Der Witz jedoch besteht darin das mal das Eine oder Andere dem Bw ausgegangen ist.
Damit war guter Rat teuer womit sollte man letztendlich die Züge bespannen ?
Das Wasser im Kessel zum kochen bringen oder einen Dieselmotor zum laufen.
Damit war in erster Linie der arme Lokleiter ständig konfrontiert. Dem Burnout immer sehr nahe wie man heutzutage sich hochtrabend auszudrücken pflegt.
Alle nervten, vom Dispatcher der bei uns drüben im Bahnhofs- Verwaltungsgebäude saß bis hin zum Chef der ansonsten wenn es schief ging sein Waterloo von der Rbd Erfurt über sich ergehen lassen müsste.
Die Lage war folgende.
Am 28. Januar war dem Bw Saalfeld die Kohle ausgegangen aber vom Diesel, Gott sei Dank, ausreichende Vorräte noch in den Tanks.
Sofort wurden die Leitungen wenn es nur irgendwie ging mit Dieselloks bespannt.
So z.B. der P 8012/15 Gera und zurück mit einer 110.
Den Rundlauf D 504/P 7337/E 807 und der E 802/ E 805 mit U- Booten.
Immerhin wurde ja am 13. Januar erst die Flotte aufgestockt mit nagelneuen den U- Booten der 119 033 und 119 034. Die sollten ja das Laufen lernen.
Am 29. Januar, immer noch keine Kohle eingetroffen das sah definitiv sehr schlecht aus.
Kollege Lokleiter gab mir zu verstehen das wahrscheinlich aus oben genannten Gründen auch am 30. Januar ein U- Boot Leipzig ansteuern wird.
Denkste nix da von Standfestigkeit der neuen Traktion.
Dafür stand der Schuppen mit recht schönen neu aussehenden noch unverschmutzten aber dafür defekten 119ner voll.
Wie heute die Autos in einen Autohaus.
Zum anschauen sehr schön nur ein Probefahrt die konnte man mit den Loks vorerst vergessen.
Förmlich mit Engelszungen wurden mein Heizer und ich höfflich gefragt ob wir mit dem Rest an Brikett aus dem Kohlenbasen der Bw´s und der 01 1511 den Eilzug nach Leipzig fahren würden.
Für Klaus Sch. damals ein sehr Junger aber begeisterter Heizer und mich war das einfach eine Frage der Ehre. Ohne groß darüber nachzudenken wie alles ausgehen könnte.
Die ganze Geschichte ist auch nachzulesen im Buch;
“Baureihe 01.5 von Dirk Endisch” unter “Als in Saalfeld die Kohle ausging”.
Oder Auszüge davon auch in der “FC”- unter den Bildern z.B.
°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°
So präsentiere ich Euch noch mal im Vergleich zum letzten Freitagsfoto den E 802 in Weida an genau der gleichen Stelle.
Haltend an der bereits letzte Woche beschriebenen H- Tafel sowie der erwähnten spezifischen Sh 2 Scheibe dazu.
Diesmal aber alles von der Meisterseite aus fotografiert so gut wie es irgendwie möglich war.
Eigentlich zeigte sich der 30. Januar 1981 von seiner besten Seite mit einer Helligkeit welche einen die Augen zukneifen ließ.
Die Kraft der Sonne hat vieles hier angenehm ins rechte Licht tauchte aber auch ganz hart anderes untergehen lassen.
Wie z.B. unser ohnehin geschändetes 01.5 Gesicht wegen dem mittlerweile abhandengekommenes Nummernschild.
Mit Kreide versuchte ich wenigstens ihrer Majestät halbwegs ihre Identität zurück zu geben.
Was nicht von Dauer war wie zu sehnen, so langsam verblassten die von mir angeschriebnen Zahlen zusehends an der Rauchkammertür.
Im nachhinein sollte man allen Reichbahnern egal auf welchen Dienstposten sie ihren Arbeit verrichteten heute noch Hochachtung zollen.
Für ihren unermüdlichen täglichen Kampf die Eisenbahn am laufen zu halten. Mitunter oft bei fast unmöglichen Bedingungen der Mangelwirtschaft auch an Lokomotiven, Betriebsstoffen wie Kohle oder Öl und Ersatzteilen.
Es war eben für uns ein Beruf kein Job. Das Wort gab es noch nicht in unseren Sprachschatz.
Die Berufung dazu war die Triebkraft keinesfalls die überall herum hängenden monotonen Parolen der Partei die unsereins gar nicht wahrnahm.
Euer Ralf
Ralf Göhl 25/02/2013 10:30
@ (Maschinensetzer)Hallo Thomas, danke für deine interessanten Anmerkungen von jemanden der nicht aus dem Osten kommt.
Aber Du hast es genau richtig erfasst wenn du schreibst:
>>> Jedenfalls ist meine Erfahrung, dass ihr trotz des "Regimes" bei solch persönlichem Engagement mehr Freiheiten hattet, als die westlichen Kollegen. > Vielen Dank für Deine Erinnerungen!
Maschinensetzer 25/02/2013 0:31
Ralf, jetzt wurde in kurzer Zeit soviel zu Deinen Erinnerungen geschrieben... – was soll ich noch dazutun?Sicher hattet ihr damals bei der DR mehr Probleme als im Westen, wo es 1973 ja auch die Ölkrise mit Sonntagsfahrverbot gab. Jedenfalls ist meine Erfahrung, dass ihr trotz des "Regimes" bei solch persönlichem Engagement mehr Freiheiten hattet, als die westlichen Kollegen.
Heute ist der Eisenbahner quasi komplett entmündigt durch EBA und EU und steht neben seiner liegengeblieben Lok und darf nicht – obwohl er könnte – sie wieder in Betrieb setzen...
Vielen Dank für Deine Erinnerungen!
Beste Grüße
Thomas
Stephan Schenk ( `Der Leitermann` ) 24/02/2013 13:02
"Bei der Bahn gibt es nichts was es nicht gibt !"Dieser satz fällt mir gelegentlich immer mal wieder ein. Damit meine ich weniger die heutigen Unzulänglichkeiten welche die Reisenden ´begeistern´, sondern genau jehne Situationen wie Du sie hier beschrieben hast und uns, damals noch ´Eisenbahninteressierter`, immer wieder staunen ließ über die ´Abwechslungen´ mit welchen die Züge gefahren wurden. Es wurde alles auf´s Gleis gestellt was irgendwie rollen konnte und durfte. Egal ob Tfz oder Wagenpark bei gleicher Zugleistung - oft gab es Dinge entgegen der ´Normalität´. Der Hintergrund war sicher genau der, den Du hier benennst.
Wieder eine schöne Episode welche in der eigenen Erinnerung schwelgen läßt.
Beste Grüße, Stephan
Ralf Göhl 24/02/2013 10:50
Hallo Hans Peter, ja ich glaube dir gen was Du uns schreibst über die 119. Man muss die Maschinen selbst erlebt haben.
Wie z.B. wenn bei angestrengter Steigungsfahrt hinter Dir die Bude brennt oder nach der ersten Bremsung im Gefälle der schwere Güterzug immer schneller statt langsamer wird.
Du die Nummer war nur von mir angeschrieben.
Ansonsten danke ich dir für deine Lorbeeren aber auch Du musst dich nicht verstecken.
Alles ist leider immer mit viel privater Zeit verbunden die man auch anderweitig gebrauchen könnte.
Mit vielen Grüßen Ralf
Michael PK 22/02/2013 21:42
Sehr schön wie das Licht den Zug ausleuchtet.Vom Text und Bild eine tolle Arbeit.Ralf,eigentlich solltest Du ein Buch schreiben,die passenden Bilder hast Du alle selber.Käufer gibt es genug denke ich.Ralf Fickenscher 22/02/2013 19:01
Super einfach Super !!!Vg.Ralf
Rgb 106 22/02/2013 17:45
Bild und Text wie immer Spitze.VG Carsten
Ralf Göhl 22/02/2013 17:45
Es fällt erneut Schnee hier in Marburg.Aus meiner Lokleitung schaue ich genüsslich dem Treiben draußen zu.
Doch gleich geht es runter ins Modellbahnzimmer um dort Hand anzulegen.
Vielen Dank allen für Euere lieben Anmerkungen zum Bild + Geschichte.
Oh Bernd- Peter, 1. März der nächste Freitag nur ich habe noch kein Thema für den Termin im Kopf :-(
Gruß Ralf
Haidhauser 22/02/2013 14:17
Interessante Geschichte zu einem schönen Bild!!!VG vom "Haidhauser"
Roni Kappel 22/02/2013 13:52
Hallo!Herrlich! :-)
lg,
Roni
Klaus Kieslich 22/02/2013 13:39
Dieter bringt es auf den PunktGruß Klaus
makna 22/02/2013 13:09
Zunächst zum Motiv: einfach herrlich !!!Dass die Lok nur die von Dir aufgeschriebene "Ersatznummer" trägt, fällt natürlich sofort ins Auge, aber die ausführlichen Erläuterungen zeigen dann, dass das nun wirklich das geringste Übel war. Diese kohlenlose Zeit zu überbrücken, das habt ihr mit vollem Einsatz gemeistert - Respekt auch im Nachhinein!
Auch heute gibt es noch Eisenbahner aus Berufung, aber es sind weniger geworden. Ich stamme aus einer Eisenbahnerfamilie (beide Großväter, Mutter und Vater, fünf Onkels, zwei Tanten) und weiß, dass man für die Bahn und ihren Betrieb einstand - das war einfach selbstverständlich (heute würde man sagen: eine Sache der Ehre ... damals wurden keine großen Worte gemacht, sondern einfach geschafft). Selbst zwar dann durch andere Weichenstellung nicht zur Bahn gekommen, bewundere ich immer noch den Zusammenhalt der großen Eisenbahnerfamilie und bezeuge meinen Respekt allen, die auch heute - trotz mancher Widrigkeiten und neuzeitlicher Absonderlichkeiten - mit Leidenschaft "ihre" (unsere!) Bahn in Betrieb halten!
BG Manfred
Dieter Jüngling 22/02/2013 12:19
Ralf, genau das fasten wir unter dem Begriff "Eisenbahnerstolz" zusammen.Stolz darauf, es immer wieder gemeinsam geschafft zu haben. Die großen Orden und Ehrungen bekamen dann die Vorgesetzten.
Danke für das Foto und den Bericht dazu.
Gruß D. J.
Jan-Henrik Sellin 22/02/2013 11:58
Leider ist diese "Berufung", teilweise aus verständlichen Gründen, abhanden gekommen.Wieder eine spannender Bericht über den DDR-Alltag in den frühen 80ern.
Viele Grüße an Dich, Jan